Kaufberatung8 min Lesezeit
Sieben Tipps für den cleveren Bootskauf
Worauf Sie bei Anschaffung eines Bootes achten sollten
Das Angebot gebrauchter Boote ist groß, vielfältig und kaum zu überblicken. Vom pflegeleichten Daysailer über charmante Klassiker, moderne Serienerzeugnisse bis hin zum speziellen Einzelbau ist alles zu haben. Das ist schön und leider auch irreführend.
Von Erdmann Braschos, veröffentlicht am 08.07.2014, aktualisiert am 30.10.2023
Das erwartet Sie in diesem Artikel
- warum ein Boot die perfekte Medizin gegen übliche Landkrankheiten ist
- konkrete Tipps zur Auswahl des passenden Bootes
- worauf bei der Ausrüstung und Extras zu achten ist
- warum es wichtig ist, eine möglichst rationale Entscheidung zu treffen
- wie Sie dahin kommen
- wie das lästige MwSt.-Thema zum Kauf- oder Ausschlusskriterium wird
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Der Traum vom eigenen Boot kann nur das auslösende Moment sein. Es ist besser, wenn Sie das Träumen rasch lassen und möglichst sachlich und fachlich werden: Vor dem Bootskauf ist die klare Einschätzung der persönlichen Verhältnisse, dazu ein nüchterner und möglichst technischer Blick auf das Objekt entscheidend für das spätere Glück auf dem Wasser. Legen Sie das Handy weg, klappen den Rechner zu und reden mit Ihnen nahestehenden Personen über Ihre Idee. Am besten nehmen Sie jemand mit, der sich mit dem Metier auskennt. Das kann der handwerklich versierte Kumpel sein, oder ein Gutachter.
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Die Verlockung zum Kauf eines Bootes ist groß. Ein Boot bietet die Freiheit nach eigenem Gusto abzulegen und sich nach Lust und Laune auf dem Wasser zu bewegen: von sportlich, rasant über komfortabel bis hin zu müßig und beschaulich. Ganz gleich ob Jolle, Motorboot oder Segelyacht. Sie können brettern, „Meilen fressen“, bummeln oder in einer schönen Bucht ankernd herrlich abhängen.
Es gibt keinen besseren Trick, den Alltag gründlich zu vergessen, als mit dem Schritt an Bord. Der funktioniert immer. Bereits das Eignerglück und das Wohlfühlen an Bord lohnt meistens den erheblichen Aufwand zum Bootskauf und -betrieb. Beachten Sie folgende Gesichtspunkte beim Bootskauf:
Macht die Partnerin und Familie mit oder möchten Sie Einhandskipper werden?
Überlegen Sie sich erstens vorher gut, ob ein eigenes Boot wirklich zu Ihrer Lebenssituation, den persönlichen Verhältnissen passt. Die zentrale Frage dabei ist: macht die Lebensgefährtin, Frau und Familie überhaupt mit oder duldet sie das Hobby bloß? Bereits Stirnrunzeln, zögerndes Dulden und die Gegenfrage, ob das wirklich sein muss, sind schlechte Voraussetzungen. Lügen Sie sich da nichts in die Tasche. Es könnte Ihre Ehe kosten. Es gibt Hobbies, die mit Duldung laufen. Beim Boot klappt das schlecht bis gar nicht.
Wenn also die Frau oder Familie nicht mitzieht, lassen Sie die Finger vom eigenen Schiff. Dann fahren Sie halt ab und zu bei Freunden mit oder Chartern. Das ist vergleichsweise "Landratten-kompatibel". Ich berate regelmäßig Interessenten beim Kauf eines Bootes. Auch wenn mich die persönlichen Verhältnisse wie Segelerfahrung und Akzeptanz den Hobby seitens der Partnerin streng genommen nichts angehen, frage bald danach. Einfach, weil ich schon zu viele Bootskäufe habe scheitern sehen.
Unterschätzen Sie die Zeit nicht
Zweitens: Wie viel Zeit lässt Ihnen das Arbeitsleben, lassen andere private Verpflichtungen, weitere Interessen und Hobbys? Denn ein Boot ist eine zeitintensive Geschichte. Machen Sie sich nichts vor: auch um ein modernes pflegeleichtes Kunststoffboot müsse Sie sich kümmern. Es muss geputzt, poliert, die Technik gewartet und gegebenenfalls repariert werden. Das braucht stets mehr Zeit als gedacht. Gerade dann, wenn Sie die Arbeiten zum ersten Mal oder ab und zu machen. Nicht zuletzt möchten Sie Ihr Boot mit der Familie oder Partnerin nutzen, viele schöne gemeinsame Stunden an Bord verbringen. Machen Sie auch deshalb keinen Egotrip.
Drittens: Gibt es einen Liegeplatz in einem schönen Revier in der Nähe? Können Sie mal eben zum Boot, es also auch ohne großen Aufriss genießen? Oder bereitet das Boot Ihnen und der Familie schon bei Hin- und Rückfahrt einen ganz speziellen Freizeitstress?
Welche Nutzung ist realistisch?
Viertens sollten Sie sich klarmachen, welche Nutzung überhaupt realistisch ist. Viele Käufer suchen ein Boot für die sprichwörtliche „Weltumsegelung“. Das ist eine schöne Vorstellung, meist leider eine zugegeben schöne Lebenslüge. Wozu also ein großes, teures und aufwändig ausgestattetes Boot für die ganz große Reise kaufen, deren Verwirklichung wegen beruflicher oder privater Verpflichtungen meist ausgeschlossen ist? Wie lange können Sie sich absehbar und nicht irgendwann eines fernen Tages vielleicht ausklinken?
Unzählige Beziehungen und Bootsprojekte sind bereits an der unrealistischen Einschätzung dieser Frage gescheitert. Wenn Sie bloß ab und zu mal Zeit zum Ablegen und schöne Stunden auf dem Wasser haben - allein schon, weil sich herausstellt, dass Sie oder die Partnerin seekrank werden oder die Angst vor dem langen Schlag groß ist, versenken Sie eine Menge Geld für ein überausgestattetes Schiff und einen Traum, der Sie vermutlich nicht leben. Klingt hart, klar. Ich kenne solche Schicksale von vielen Bootslagern, Clubs und Marinas. Es ist für alle Beteiligte frustrierend - und ein Drama. Leider ist es nach meiner Beobachtung nicht nicht die Ausnahme, eher die Regel.
Da ist das kleinere, vielleicht sogar trailerbare Boot, ein sogenannter Daysailer für Tagestouren in küstennahen Gewässern oder der Weekender mit Übernachtungsoption besser. So können Sie sich gemeinsam steigern. Bauen Sie Ihr Hobby - von der gelegentlichen Auszeit zur gemeinsam glückenden nautischen Lebensweise. Klappt es nicht, haben Sie - jedenfalls mit einem clever gekauften Gebrauchtboot - Welten weniger Geld "versenkt".
Finger weg von Schnäppchen
Fünftens sollte der Preis allein nur eines mehrerer Kriterien für die Anschaffung eines bestimmten Bootes sein. Wichtiger ist die Frage, was auf Dauer an Zeit und Kosten am Hobby hängt: Wie alt und pflegeintensiv, aus welchem Material ist es? Die charmante Holz- oder Stahlyacht wird aus gutem Grund günstig sein. Welche Arbeiten löst solch ein Boot in Ihrem Besitz aus? Stemmen Sie das? Auch hier fahren Sie am besten, wenn Sie sich diesbezüglich nichts in die Tasche lügen.
Gefährlich sind sogenannte "Schnäppchen". Da gibt es beispielsweise ein tolles großes Schiff für kleines Geld und es soll schnell bezahlt werden. Bleiben Sie cool und finden heraus, wo der Haken ist. Kennen Sie den Haken, können Sie immer noch überlegen, ob Sie mit ihm zurechtkommen. Eine Yacht besteht aus zahlreichen Systemen und Gewerken (GfK, Holz, Maschine, sanitären Einrichtungen, Segeltechnik und/oder Maschine). Das sollten Sie alles kennen. Schauen Sie sich diese Themen gegebenenfalls mit einem Fachmann gemeinsam an und probieren alles in Ruhe ausprobieren.
Haben Sie über den Kauf hinaus das nötige Geld, um essenzielle Arbeiten fachmännisch machen zu lassen? Haben Sie die Energie, Zeit und das handwerkliche Geschick, um das Schiff selbst herzurichten? Gibt es ein zusätzliches Budget zum Kauf von Werkzeug und Material zur Überholung? Auch hier gilt: Nichts schönreden, sondern Realist bleiben. Wie viel selbst machen? Vielleicht erinnern Sie in diesem Zusammenhang Ihren letzten Umzug oder die Renovierung von Haus oder Wohnung. Man wird stets später fertig als gedacht. Rechnen Sie beim Boot mit dem Faktor 3 bis 5. Umso besser, wenn es nicht ganz so lange dauert.
Denken Sie dabei auch an die Unterhaltskosten Motoryacht oder Unterhaltskosten Segelyacht, die Jahr für Jahr anfallen.
Sechstens: Eigner, die ihr Boot lieber nutzen als reparieren, halten sich an das bewährte Keep it simple-Prinzip. Je weniger Technik Sie an Bord haben, desto weniger bezahlen, pflegen, warten und reparieren Sie. Beispiel: Fließend Warmwasser wie zu Hause ist an Bord eine wunderbare Sache. Ich finde es besser, mit dem praktischen und handlichen no nonsense Boot abzulegen als endlos am Traumschiff zu basteln. Sie halsen sich mit solchen Extras eine stattliche Wartungsagenda auf.
Ein Beispiel: Sie kennen vielleicht die hübschen Tourenyachten der Marke Vindö mit pflegeleichtem Gfk-Rumpf, Teakdeck und herrlich maronenfarbenem Kajütaufbau aus lackiertem Mahagoni. Das sind Traumschiffe. Wie gerne hätte ich bespielsweise meine Swede 55 in genau dieser Machart. Andererseits habe ich eine vage Idee, wieviel Arbeit an der Pflege des Mahagoni hängt. Da ich nicht zu den Bootseignern gehöre, die ständig einen Pinsel zum Ausbessern üblicher Lackschäden im Glas stehen haben und weder Lust noch Zeit habe, die Lackierung regelmäßig anzuschleifen und aufzufrischen, kommt es das für Eigner in Frage, die es schaffen, diesen wunderbaren Look auf lange Sicht zu erhalten.
Siebtens gucken Sie genau, wie das Boot gebaut und ausgestattet ist. Ein Teakdeck beispielsweise ist eine feine Sache, ziert ein Schiff jedoch nur, wenn es gepflegt ist. Unter südlicher Sonne heizt sich ein Teakdeck derart auf, dass Sie nicht mehr barfuß darauf gehen können. In regenreichen Revieren verspakt das Holz. Billig verlegte Teakdecks lecken. Nach wiederholtem Schliff fallen den Pfropfen heraus. Nach 20 Jahren muss es komplett ersetzt werden. Beim Billigboot eher. Wer kann und macht, wer bezahlt das? Nehmen Sie jemand zu Besichtigung des Bootes mit, der Ihnen zu diesem Thema reinen Wein einschenkt. Die Ausgaben für den Profi sind Peanuts um Vergleich zu dem, was schlimmstenfalls bald nach dem Bootskauf auf Sie zukommt.
Ein Beispiel zur Ausstattung: Moderne Edelstahlwinschen sind besser als verchromte Klassiker. Statt teurer Nachverchromungen langt bei der Nirovariante ein Lappen mit etwas Politur, siehe den Beitrag Winschen nicht vergessen.
Zweites Ausstattungsbeispiel: Boote mit einem Eisenkiel Den Kiel angucken sind ab Werft günstiger als solche mit Bleiballast. Eisen rostet im Unterschied zu Blei. Stahl muss alle Jahre neu im Winterlager mit mehreren Arbeitsgängen konserviert werden. Die Konservierung des Eisenkiels ein weiterer von zahlreichen wiederkehrenden Jobs an Bord. Blei ist nachgiebig und pfuffert die Stöße bei Grundberührung ab. Eisen gibt den Schlag 1:1 weiter ins Schiff - meist mit fatalen Folgen.
Gehen Sie nüchtern und sachlich an das Thema heran
Fazit: Als cleverer Bootskäufer suchen Sie sich aus dem breit gefächerten Angebot das zu Ihren Möglichkeiten passende Schiff aus. Und Sie gucken genau hin. Verlieben Sie sich keinesfalls gleich in das Schiff Ihrer Träume, sondern machen sich klar, welche System- und Folgekosten mit einem bestimmten Bootstyp auf Sie zu kommen. So schwer es zunächst ist: gehen Sie nüchtern und sachlich an das Thema heran. So bleibt Ihnen nachher als Eigner Zeit zum Genießen der kostbaren Auszeit an Bord, zum Leben Ihres Traums.
Die Sache mit der Mehrwertsteuer
Ein grundsätzliches Thema beim Gebrauchtbootkauf gleich welcher Art ist die Mehrwertsteuer. Nur wenn es einen Nachweis des ersten Eigners in Gestalt einer Rechnung, wo die MwSt. ausgewiesen ist und ein Einfuhrdokument für das Boot mit quittierter/nachvollziehbarer MwSt. Zahlung gibt, müssen Sie die Mehrwertsteuer nicht noch mal zahlen. Alles andere ist leider Augenwischerei. Die Klärung dieser Frage ist für den Verkäufer zugegeben lästig, wenn er daran nicht gedacht hat, das Boot mehrere Voreigner hatte oder die Originalrechnung verloren wurde. Es kann über Jahre hinweg auch so gutgehen. Sie sollten jedoch wissen, dass im Mittelmeer, speziell in Spanien, gezielt kontrolliert wird. Auch an der Ostsee geht der Zoll neuerdings durch die Häfen. Gibt es also keinen MwSt.-Nachweis, ist das ein Manko des Bootes. Kaufen Sie das Boot dennoch ohne diesen Nachweis, planen Sie die nachträgliche Zahlung besser gleich ein. 19 bis 25 Prozent des Nettokaufpreises sind je nach Objekt viel Geld.