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Unterhaltskosten Segelyacht

Was der Betrieb einer Segelyacht auf Dauer kostet

Unterhaltskosten Segelyacht
Das Aus- und Einwassern mit dem Travellift ist eine von mehreren Aufwendungen © Swedesail

Eine wichtige Frage beim Kauf einer Segelyacht ist die nach den laufenden Kosten. Ist bereits die mittelgroße Segelyacht finanziell das gefürchtete "Fass ohne Boden"? Dieser Beitrag gibt anhand jahrzehntelanger Praxis und Recherchen bei verschiedenen Spezialisten mit konkreten Zahlen eine klare Antwort.

Von Erdmann Braschos, veröffentlicht am 05.07.2021, aktualisiert am 13.01.2024

Das erwartet Sie in diesem Artikel
  • Erläuterung der 10 Prozent-Formel
  • wie sich die Bootsbetriebskosten zusammensetzen
  • Betrachtung der Ausgaben über einen langen Zeitraum
  • wann wird es teuer?
  • wie kostspielige Reparaturen berücksichtigt werden
  • mit welchen großen Anschaffungen ist zu rechnen?
  • Leitfaden zur eigenen Planung der Kosten

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Gerade für den Einsteiger ist es wichtig, dass das Hobby kein finanzieller Blindflug wird. Die im Hafen, in der Werkstatt und Werft, beim Baumarkt, Bootsausrüster und Segelmacher entstehenden Kosten sind schwer einzuschätzen.

Die zehn Prozent-Formel

Nach dieser oft genannten Faustformel kostet ein Boot jährlich etwa zehn Prozent seines Neupreises. Es gibt Eigner, die das mit einem schönen Liegeplatz im fernen Revier und Erledigung sämtlicher Arbeiten durch ortsansässige Betriebe locker hinkriegen. Einen Bruchteil dessen kostet es, wenn das Boot in der Nähe liegt, der Eigner handwerklich geschickt ist und viel selbst macht.

Revier und der Liegeplatz sind entscheidend

Welche Kosten entstehen

Der Besitz einer Segelyacht verursacht sechs verschiedene Kosten: Ausgaben für den Liegeplatz im Sommer und Winter, mit Ein- und Auswassern, Versicherung, Nebenkosten und weitere Ausgaben für die übliche Wartung nebst Bootspflege, laufende Reparaturen und Spezialwerkzeug, Verschleißteile und schließlich solche für große Reparaturen und kostspielige Anschaffungen.

Da die Kosten abhängig vom Bootstyp, Baumaterial, Größe, Ausstattung und den eigenen Ansprüchen sehr unterschiedlich sind, wird als Beispiel eine gebrauchte 12 m Tourenyacht in üblicher Kunststoff-Bauweise, mit etwa 9 t Verdrängung, 35 PS Einbaumaschine, mit 75.000 € Zeitwert genommen.

An der Ostsee ist der Liegeplatz meistens bezahlbar
An der Ostsee ist der Liegeplatz meistens bezahlbar © Swedesail

Wie die Kosten für den Liegeplatz und Versicherung zeigen, gibt es je nach Revier verblüffende Unterschiede: Liegt das Boot in einem günstigen Verein oder in der schicken Full Service-Marina? Die toll gelegene Marina Ibiza nennt für 12 x 4,50 m Bootsgröße allen Ernstes 35 Tausend €. Ich habe zweimal bei der Rezeption nachgefragt: Das ist nicht der Kaufpreis für den Liegeplatz, sondern die Miete für ein Jahr. Ultramarin in Kressbronn am Bodensee nannte trotz wiederholter Anfrage keinen Preis. Anscheinend, weil man dort nur einen Platz für ein beim dortigen Händler gekauftes neues Boot bekommt.

Verein an der Trave oder auf Ibiza? Faktor 27 bei der Liegegebühr
Verein an der Trave oder auf Ibiza? Faktor 27 bei der Liegegebühr

Nebenkosten und Wartung

Der «Internationale Bootsschein» ist alle zwei Jahre für 20 € zu erneuern. Alternativ bekommt man beim Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) für 88 € ein acht Jahre gültiges Flaggenzertifikat. Auf Dauer Ruhe mit den Bootspapieren hat, wer das Boot im Seeschiffsregister einträgt. Kosten für das Beispielboot einmalig 250 €.

Kleinigkeiten an Bord wie den gelegentlichen Austausch der Gasschläuche, den Wechsel der Anode am Getriebe oder den Wechsel des Motor- und Getriebeöls macht der handwerklich geschickte Eigner mit dem richtigen Werkzeug und Material in einer halben Stunde selbst, wenn er in der Nähe des Bootes lebt. Jobs wie der Wechsel der Saildrive-Manschette sind kalkulierbar, wenn die Stahlschrauben zuvor mit Lanolin oder einem ähnlichen Elektrolyseschutz montiert wurden. Eine festgebackende Stahlschraube im Alugehäuse erschwert und verteuert die Sache deutlich.

Nebenkosten und Ausgaben zur Wartung des Bootes. Linke Spalte Eigenregie, rechts Erledigung durch ortsansässige Handwerker
Nebenkosten und Ausgaben zur Wartung des Bootes. Linke Spalte Eigenregie, rechts Erledigung durch ortsansässige Handwerker

Pflegen Sie das Boot selbst, geben Sie für eine 12 m Segelyacht etwa 165 € jährlich für Politur, Antifouling und Arbeitsmittel aus. Der Betrieb des Bootes im Mittelmeer ist teurer, weil niemand in den sonnigen Süden fliegt, um sich in seiner kostbaren Urlaubszeit dort mit Bootspflege zu beschäftigen. Man läßt es machen und legt möglichst zügig ab.

Ausgaben zur Bootspflege abhängig vom Liegeplatz und selbst übernommenen Arbeiten
Ausgaben zur Bootspflege abhängig vom Liegeplatz und selbst übernommenen Arbeiten

Ausgaben für übliche Reparaturen

Im Idealfall, wenn das Boot und Ordnung ist und Sie nie gegen den Steg fahren, gibt es bei der neuen oder neuwertigen Segelyacht die ersten 5 bis 10 Jahre kaum nennenswerte Reparaturen. Dies setzt voraus, dass das werftneue Boot ringsum segelklar und mängelfrei ist, was anders als beim Auto leider die absolute Ausnahme ist. Der Käufer einer neuen Yacht, der nach Übernahme des Bootes konsequent sämtliche Mängel beseitigen lässt, kann - abgesehen von laufenden Kleinigkeiten - die ersten Jahre einfach nur segeln.

Doch löst bereits die übliche Fehlbedienung der Bordtoilette (Pumpen gegen geschlossene Seeventile) die erste Bestellung von Ersatzteilen beim Bootsausrüster aus. Zwar halten die übrigen Pumpen bei sachgemäßem Gebrauch und Einwintern nach meiner Erfahrung beeindruckend lange. Dennoch geht immer etwas kaputt. Planen Sie beim neuen Boot daher 550 € jährlich ein, beim gebrauchten Boot 1.250 €. Beide Zahlen gelten für die DIY-Reparatur, zuzüglich 90 € für Werkzeug jährlich. Für den Full Service Betrieb werden 2.000 € jährlich für folgende Arbeiten angesetzt:

  • neue Bordtoilette und WC Schläuche (angenommen alle 8 Jahre)
  • neue Schwarzwasserpumpe/Fäkalien (alle 5 Jahre)
  • neues Pumpe für sogenanntes Grauwasser, Dusche (alle 10 Jahre)
  • neue Membrane für die Handbilgenpumpe (alle 8 Jahre)
  • Austausch der elektrischen Bilgenpumpe (alle 10 Jahre)
  • neue Frischwasserpumpe/Druckwasser für Dusche und Waschbecken (alle 15 Jahre)
  • neuer Kompressor, komplett neue Kühlbox mit Steuerung/Panel alle 25 Jahre
  • Reparatur, bzw. neue Ankerwinsche (alle 10 Jahre)
  • neue Polster (alle 15 Jahre)
  • neue Borddurchlässe und Seeventile je nach Ausführung 5 oder 15 Jahre nach Stapellauf

Werkzeug

Für Reparaturen braucht der selber Macher über das zuhause meist vorhandene Werkzeug hinaus Spezialwerkzeug. Leitern, Bohlen und Stellagen für die Politur des aufgebockten Bootes lassen sich in vielen Bootslagern leihen. Auf Dauer kommt der DIY-Eigner an der Aluleiter fürs eigene Boot, Exzenterschleifer, Handwerkerstaubsauger auf Rollen und Atemschutz zum Anschleifen des Unterwasserschiffs nicht vorbei. Kosten: etwa 445 €. Eine gescheite Poliermaschine kostet 150 - 400 €. Man möchte am Boot ja arbeiten und nicht erst die Werkzeuge zusammensuchen.

Irgendwann ist das meiste Werkzeug gekauft. Dennoch kommen immer neue Sachen dazu: Etwa die Spezialnietzange zum Austausch von Beschlägen am Rigg. Wer bei der empfindlichen Bordelektrik nicht pfuscht, braucht eine Crimpzange, eine Presse zum Anbringen von Aderendhülsen (ca. 160 €) und eine für Kabelschuhe. Hinzu kommt ein Multimeter zur Störungssuche, ein Heißluftgerät für Schrumpfschläuche und so weiter ... Alles nicht so teuer, aber es läppert sich.

Übliche Kleinigkeiten wie die Wartung des Großschotwagens macht der DIY-Eigner zuhause am Küchentisch
Übliche Kleinigkeiten wie die Wartung des Großschotwagens macht der DIY-Eigner zuhause am Küchentisch © Swedesail

Nach meiner Erfahrung ist über 25-jährige Zeitraum mit etwa 90 € jährlich zu rechnen. Viele Eigner lassen Arbeiten am Motor und Getriebe, der Gasanlage und Elektrik mangels Erfahrung und Zeit, auch der Sicherheit halber von Fachleuten machen. Da zahlt man die Arbeitsstunden und braucht manches Spezialwerkzeug dann nicht.

Verschleißteile

Gut einzuschätzen ist der Zustand der Segelgarderobe. Leider sind moderne Foliensegel im Mittelmeer mit hoher UV-Strahlung nach drei Segelsaisons hin. Herkömmliche Polyestersegel (bekannt unter dem Markennamen Dacron) halten Jahrzehnte, wenn sie nicht gerollt werden und dem UV Licht nur beim Segeln ausgesetzt werden. Heute übliche Rollanlagen sind bequem, lassen die Tücher jedoch bald verschleißen.

Der Segelsatz aus Polyestertuch für ein 12 m Tourenboot kostet etwa 12.000 €. Regelmäßig ersetzte Foliensegel sind vergleichsweise teuer. Von pfleglich behandelten Polyestertuch hat man dagegen lange. Wer einen passablen bis mäßigen Segelstand in Kauf nimmt, kann zwei bis vier Jahrzehnte mit einem ungerollten Vorsegelsatz, bestehend aus Genua, Fock, Sturmfock segeln. Ein Polyestergroß, das jeden Abend unter der Baumpersenning verschwindet, hält bei üblicher Nutzung an der Ostsee zwei Jahrzehnte. Im Mittelmeer oder der Karibik mit entsprechender UV-Strahlung zehn Jahre. Die intensive Nutzung des Bootes als Langfahrt- und Blauwasseryacht verkürzt die Lebensdauer auch von Polyestersegeln deutlich. Da kann je nach Beanspruchung, Tuchqualität, Verarbeitung und Handhabung das Groß bereits nach fünf Jahren fertig sein.

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Übliche Kleinigkeiten wie die Wartung des Großschotwagens macht der DIY-Eigner zuhause am Küchentisch © Swedesail

Wie folgende Übersicht zeigt, segelt deutlich günstiger, wer sein Boot durchdacht ausrüstet und entbehrliches Equipment weglässt.

Die Verschleißteile des gleichen, geschickt ausgerüsteten Bootes
Die Verschleißteile des gleichen, geschickt ausgerüsteten Bootes

Dank vergossener Komponenten hält unverzichtbare Bordelektronik wie Echolot, Logge und Plotter lange. Das war früher anders. Heute sind Lot und Logge nach meiner Beobachtung nach 15 - 20 Jahren zu ersetzen. Ein unverzichtbares Kombiinstrument wie beispielsweise das Raymarine Tridata der ST Serie bietet mit Logge, Meilenzähler, Echolot und Wassertemperatur einschließlich passenden Gebern für rund 800 € bereits alles, was man an Bord braucht. Den praktischen Plotter zur permanenten Anzeige des Standorts mit 5-Zoll-Bildschirm gibt es ab 400 €, das schicke 12-Zoll-Display von Brookes & Gatehouse kostet derzeit (Stand Juni 21) 2.300 €.

Der Aufwand lässt sich mit Autopilot, Windmessanlage, Sprechfunk, AIS Sender/Empfänger bis hin zum Radar, das in den meisten Revieren überflüssig ist, weit treiben. Abgesehen von den Stundensätzen ortsansässiger Spezialisten, beginnend bei 60 € netto, sind die Ausgaben dafür kaum kalkulierbar. Hier ist und bleibt der Bootseigner in der Hand des Servicetechnikers. Aufwändig wird die Fehlersuche bei neuerdings gern verbauten BUS-Systemen.

Clever ausgerüstet und eignergepflegt kostet es an der Ostsee 1/3 des Mittelmeer-Budgets

Große Kosten

Ein Teakdeck ist üblicherweise nach etwa 35 Jahren zu ersetzen. Beim Billigboot und Decks, dessen Teakstäbe mit Schrauben montiert sind und wo bereits viel runtergeschliffen ist, früher. Phillip Schaich zufolge, dessen Werft auf Fehmarn regelmäßig Teakdecks saniert, kostet ein neues Teakdeck für das Beispielboot in der einfachsten Variante 25.000 €, ein hochwertiges und ansehnliches Deck 35 bis 40 Tausend €.

Die Saildrive-Dichtmanschette wechselt der handwerkliche Eigner selbst
Die Saildrive-Dichtmanschette wechselt der handwerkliche Eigner selbst © Swedesail

Die große Unbekannte bei der gebrauchten Segelyacht mit Einbaumaschine ist der Zustand von Motor und Getriebe. Ein gut gewarteter Innenborder bestimmter Marken dürfte fünf Jahrzehnte und länger halten, wenn er eine Zweikreiskühlung hat und es sich um ein robustes Modell handelt. Eine gut behandelte und regelmäßig nach dem Urlaub oder am Saisonende gespülte Maschine mit Einkreiskühlung hält mit Glück vier Jahrzehnte. Dann steht bei circa 35 PS ein neuer Motor mit Getriebe, Kabelbaum und Panel, einschließlich Einbau für 15 - 17 Tausend € an.

Absehbare große Ausgaben für das Boot, umgelegt aufs Jahr
Absehbare große Ausgaben für das Boot, umgelegt aufs Jahr

Die zweite Unbekannte ist das Thema Osmose beim Kunststoffboot: Gibt es da Fragezeichen, ist der Rumpf bis aufs blanke Gelcoat von Altanstrichen freizulegen. Werftkosten ab 2.300 €, DIY-Variante Materialkosten 500 €. Hinzu kommen die Ausgaben zur Versiegelung des Unterwasserschiffs. Wer das Schiff im Süden liegen hat, lässt das von A bis Z für viel Geld machen.

Revier, Ausstattung des Bootes und die Eigenleistung des Eigners entscheiden
Revier, Ausstattung des Bootes und die Eigenleistung des Eigners entscheiden

Ihr Weg zu eigenen Zahlen

Anhand der Beispiele kommen Sie als künftiger Eigner mit einer selbst angelegten Tabelle zu einer brauchbaren Schätzung: Angebote einholen, Rubriken anlegen, die Zahlen in einer Übersicht zusammenfassen.

Im Lauf der ersten Jahre wissen Sie mehr

Später vergleichen Sie die tatsächlich entstandenen Liegegebühren, Rechnungen der Werften/Werkstätten und Quittungen der Bootsausrüster, Takler oder Segelmacher mit den Angeboten und Annahmen.

Weiterführende Links

VG