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Mit Taucherbrille und Pfannenwender

Mit diesen Tricks retten Sie Ihren Bootsurlaub

Mit Taucherbrille und Pfannenwender
So einfache Sachen retten gegebenenfalls Ihren nächsten Bootsurlaub © Swedesail

Ganz gleich, ob Sie ein Boot chartern, ein gebrauchtes oder neues übernehmen. Früher oder später fällt etwas aus oder ein Manöver geht schief. Wie Sie übliche Missgeschicke vermeiden - und ausbügeln.

Von Erdmann Braschos, veröffentlicht am 14.08.2018, aktualisiert am 06.10.2023

Das erwartet Sie in diesem Artikel
  • Tipps zu üblichen Themen und Fehlbedienungs-Klassikern an Bord
  • Tipps zur Handhabung üblicher Segelrollanlagen
  • Tipps zum Rollgroß im Mast
  • was tun, wenn der Motor nicht anspringt
  • Instandsetzung von Klapp- und Drehflügelpropellern

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Das Tolle am Wassersport ist, dass Sie mit der Familie oder Freunden draußen in der Natur analog unterwegs und für sich sind. Eine unbezahlbar wertvolle Auszeit. Das setzt voraus, dass alles einwandfrei funktioniert. Tut es aber nicht. Auch macht jeder Segler mal Mist. Anders als beim Auto können Sie nicht rechts anfahren und den Pannendienst rufen. Sie müssen Sie sich selbst helfen. Hier Tipps zu den üblichen Themen.

Motor springt nicht an

Nach einem schönen Segeltag tut sich beim Drehen des Zündschlüssels nichts? Keine Panik. Das ist meist eine banale Sache wie ein loser Stecker. Dazu brauchen Sie kein Meßgerät für das 12 Volt Bordnetz. Augen im Kopf und etwas gesunder Menschenverstand helfen bereits.

Nudelt der Anlasser und die Maschine springt unwillig oder nicht an, ist Luft im Kraftstoffsystem. Auch das lässt sich beheben. Am besten ankern Sie oder reduzieren die Segelfläche und jemand steuert mit Schleichfahrt weiter. An Bord einer fremden Charteryacht oder des soeben übernommen Gebrauchtbootes müssen Sie sich erst mal mit dem Motor vertraut machen. Wichtig ist, dass Sie dabei Ruhe haben.

Panel «tot»? Meist ein rasch behebbares elektrisches Problem
Panel «tot»? Meist ein rasch behebbares elektrisches Problem © Swedesail

Schauen Sie, wo die Entlüftungsschraube und die Handpumpe sitzt. Meist ist es eine versteckte kleine Wippe. Bei einer elektrischen Störung lohnt ein Blick auf die Maschine oder hinter die Schalttafel. Wahrscheinlich ist dort ein Stecker abgerutscht. Wann wurde zuletzt etwas an der Maschine gemacht und geändert? Die meisten Ursachen für eine Störung sind banal.

Nutzen Sie den nächsten Hafentag und machen sich mit der Maschine vertraut. Bei der Gelegenheit sehen Sie bei der betagten Maschine, welche Flachsteckhülse ausgeleiert ist, nicht mehr stramm sitzt, welche Kabel einen Wackelkontakt haben. Eine übliche Flachsteckhülse der 12 Volt Elektrik lässt sich per Kombizange flott so zurechtbiegen, dass sie wieder gut sitzt. Kontaktspray wirkt ebenfalls Wunder.

Blick auf den Feinfilter mit der ersten Entlüftungsmöglichkeit links und der zweiten rechts an der Einspritzpumpe (Sechskantschrauben)
Blick auf den Feinfilter mit der ersten Entlüftungsmöglichkeit links und der zweiten rechts an der Einspritzpumpe (Sechskantschrauben) © Swedesail

Mit etwas Aufmerksamkeit und Einhalten der routinemäßigen Wartung der Maschine sind Innenborder zuverlässig und beeindruckend langlebig. Vom beharrlichen Fight mit einem undichten Dieselvorfilter abgesehen tuckert der Volvo meines Bootes seit 1980 einwandfrei.

Lassen Sie sich von einem technisch versierten Nachbarn im Hafen die üblichen Wartungsarbeiten zeigen. Das geht schneller, als sich die Sachen über die Betriebsanleitung, eine Explosionszeichnung des Kraftstoffsystemsm einem Do it yourself-Buch ode YouTube Video selbst anzueignen. Das übliche Manual sollte natürlich an Bord sein.

Heute gibt es zu jedem Quatsch DIY-Videos auf Youtube. Auch wenn dort vielleicht nicht genau Ihre Maschine gezeigt wird, beschleunigt es das Verständnis der Sache enorm. Falls Sie zu den Menschen gehören, die sich eine fremde Materie lieber in Ruhe und gedruckt zu Gemüte führen, empfehle ich die ausgezeichneten «Tafeln für den Bootsdiesel» von Hans Donat.

Sehr anschauliche Heranführung ans Thema
Sehr anschauliche Heranführung ans Thema © Swedesail

Ein Reserve-Impeller für die Kühlung gehört unbedingt an Bord. Fast noch wichtiger als der Impeller selbst ist die Dichtung für den Deckel. Denn die ersetzen Sie öfter als den Impeller. Ohne diese beiden Ersatzteile sollten sie nicht ablegen. Der größte Fehler, den Sie machen können, ist die Einbaumaschine zu behandeln wie einen Automotor. Bootsmotoren laufen unregelmäßig, werden selten richtig warm, stehen über Monate still und sehen nie eine Werkstatt. Gleichen Sie diese schlechten Voraussetzungen mit ein wenig Zuwendung aus. Damit tun Sie sich, der Bordkasse und Ihren Nerven einen großen Gefallen. Auch ist es für Ihre Partnerin ungemein beruhigend, wenn Sie weiß, dass der Freund unter den Bodenbrettern ringsum zuverlässig ist.

Kümmern Sie sich um den Motor

Bereits beim lädierten Impeller mit angerissenem Flügel wird der Motor warm. Ist einer der sechs Flügel abgerissen, wird er mitgeschleift und blockiert die Kühlung. Dann wird die Maschine rasch heiß und stirbt den plötzlichen Hitzetod. Ein regelmäßiger Blick auf die Motor- und Öltemperatur, besser noch eine Hupe, die bei ausbleibender Kühlwassereinspeisung in den Auspuff Signal gibt, ist also eine lohnende Sache. Das ist der frühestmögliche Alarm. Auch ein Reservekeilriemen gehört an Bord. Überprüfen Sie ab und zu die Spannung des eingebauten Keilriemens. Ein zu fest gespannter Keilriemen geht aufs Lager der Lichtmaschine. Zu lose rutscht er durch, schlackert und verschleißt bald.

Die Maschine ist so wichtig, dass Sie sie zumindest in Ansätzen kennen und die üblichen Dinge selbst erledigen sollten.

Die Rollanlage

Die meist beanspruchte, malträtierte und gelegentlich versagende Ausrüstung üblicher Tourenboote ist die Rollanlage für das Vor- oder Großsegel. Sie muss das Segel auch bei Starkwind zuverlässig einrollen und das teils aufgewickelte Tuch im Sturm stundenlang in gerefftem Zustand halten. Hier ist beim Charter- und Gebrauchtboot Vorsicht geboten.

Vorsicht beim Aus- und Einwickeln des Rollsegels

Rollen Sie das Segel niemals achtlos, auf keinen Fall mit Gewalt ein. Damit sich das Tuch gleichmäßig und faltenfrei aufwickelt, ziehen Sie die Genua gegen leichten Zug von der Schot ein. Damit vermeiden Sie Überläufer auf der Bergetrommel und das Segel lässt sich später problemlos ausrollen.

Zu großer Zug auf der Schot, wenn die Genua mit Gewalt, beispielsweise per Winsch, mit der Bergeleine aufgewickelt wird, ergibt enge Windungen des Segels. Die Holeleine reicht am Ende nicht, um das Segel komplett einzuwickeln. Oft wird beim Winschen die Bergeleine von der Refftrommel gerissen.

Gucken Sie sich die Rollanlage Ihres Bootes an

Nehmen Sie sich für das Aufwickeln des Segels Zeit. Beginnen Sie rechtzeitig mit dem Bergen und schauen sich die Sache in Ruhe an. Sie brauchen vor der Ansteuerung der Bucht oder des Hafens Platz, um die Genua auf einem Halbwindkurs mit leichtem Zug auf der Schot zu bergen. Dann wickelt sich das Segel leicht auf und die Bergeleine bleibt lang genug. Beim aufgewickelten Segel sollten noch einige Wicklungen auf der Bergetrommel sein.

Mit üblichem Bordwerkzeug beheben Sie unterwegs viele Dinge
Mit üblichem Bordwerkzeug beheben Sie unterwegs viele Dinge © Swedesail

Die Bergeleine der Rollanlage ist ein Verschleißteil

Ist die Rollanlage schwergängig, untersuchen Sie die Ursache bei nächsten Gelegenheit. Schieben Sie es nicht auf die lange Bank. Sehen Sie sich die Lager an. Beim Dauerbetrieb per Winsch stimmt etwas nicht. Die Sache wird von selbst nicht besser. Die Rollanlage ist ein exponiertes, Wasser, Salz und Staub (im Mittelmeer auch Sand) ausgesetztes Teil. Schauen Sie sich die Bergeleine an. Gibt es schon Scheuerstellen? Messen Sie die Bergeleine aus: Welchen Durchmesser hat sie und wie lang ist sie. Besorgen Sie bei nächster Gelegenheit beim Bootsausrüster Ersatz. Kaufen Sie eine gute, dehungsarme Qualität. Später können Sie sie in Ruhe ersetzen.

Prüfen Sie beim Charterboot oder der gebrauchten Yacht die Bergeleine. Bei Scheuerstellen oder Hinweisen auf Überlastung auswechseln. Oft ist der Mantel als äußerer Schutz der Leine schon gerissen und bloß die Sehne übrig. Tauschen Sie die Leine an einem ruhigen Tag in der Ankerbucht oder im Hafen. In einer Bora auf der Adria oder einem Tramontana vor der ligurischen Küste gelingt es unter einem schlagenden Segel keinesfalls.

Achten Sie auch darauf, dass die Bergeleine achtern im Cockpit belegt ist. Sonst rollt sich das Segel bei Sturm im Hafen aus. Dieses Malheur ist in vielen Marinas zu beobachten.

Dichtungen für den Deckel der Wasserpumpe und ein Reserveimpeller sind wichtig
Dichtungen für den Deckel der Wasserpumpe und ein Reserveimpeller sind wichtig © Swedesail

Umsicht verlangt auch der Rollmast, wo das Großsegel durch einen Schlitz in der Hinterkante des Mastes um eine rotierende Röhre wie eine Markise ein- und ausgewickelt wird. Unpassende Zugwinkel, zu loses oder strammes Einrollen führt zu Problemen, die sich nicht ohne weiteres beheben lassen, weil das Segel im Mast unzugänglich gerollt ist. Lästig sind Falten, weil sie das Tuch in der Maströhre blockieren. Auch hier niemals mit Gewalt vorgehen. Versuchen Sie stattdessen das Segel weiter in den Mast zu rollen und es dann erneut heraus zu ziehen. Nehmen Sie sich Zeit dafür, idealerweise am Liegeplatz. Ankern Sie, machen eine Pause und gehen es überlegt an. Wenn Sie Pech haben, ruinieren Sie das ganze Segel.

Leine im Propeller

Eine versehentlich um den Propeller oder die Schraube des Bugstrahlruders gewickelte Leine ist ein Klassiker. Das kann mit der Mooringleine im Hafen, der eigenen Ankerleine, dem durchs Wasser gezogenen Festmacher, der eigenen Schot oder der Ankerleine einer Fischerboje passieren. Tückisch sind Angelschnüre oder Netze. Sofort auskuppeln und den Motor abstellen. Je länger die Welle dreht, desto größer das Malheur. Sichern Sie das Boot mit zum Nachbarn geworfenen Leinen oder per Schlauchboot. Ansonsten Ankern. Ziehen Sie den Schlüssel aus dem Zündschloss und legen ihn auf den Katentisch.

Einfache Bordmittel

Eine Taucherbrille und Flossen gehören zur Grundausstattung jedes Fahrtenbootes. Bei mir an Bord hat die Taucherbrille ihren festen Platz. Ebenso ein überaus praktischer Pfannenwender aus Holz. Damit schabe ich nach langer Liegezeit des Bootes Seepocken vom Propeller. Viele Boote haben heute Klapp- oder Drehflügelpropeller. Die sind praktisch, sind aber nach langen Liegezeiten von Seepocken blockiert. Testen Sie daher nach langer Liegezeit mit belegten Festmachern vorsichtig, ob der Propeller bei Vor- und Rückwärts überhaupt umklappt und das Boot bewegt. Das Schraubenwasser unter oder hinter dem Schiff zeigt es eindeutig.

Gucken Sie sich den Propeller oder das Bugstrahlruder mit der Taucherbrille an. Mit Glück lässt sich die Leine abwickeln. Ansonsten schneiden Sie sie ab. Nehmen Sie das beste Messer, das die Pantry hergibt. Es braucht mehrere Tauchgänge. Gibt es genug Mitsegler an Bord, machen Sie es zu zweit und wechseln sich ab. Arbeiten Sie mit Handschuhen. Man verletzt sich an Seepocken oder beim Tauchen mit dem scharfen Messer schnell. Mit Schnittwunden im Salzwasser arbeiten macht keinen Spaß. Wichtig ist, dass Sie es in Ruhe machen.

Ich habe vor Jahren mal in einem Hafen einen Propeller unter Wasser angebracht und jemand eine Leine vom Propeller gewickelt. Die Sache brauchte Zeit und war im kalten Ostseewasser im Frühsommer erfrischend.

Übel ist Angelschnur, die sich um die Welle zieht, festbackt und den Simmerring zum Saildrive hin beschädigt. Angelschnur muss bis auf den letzten Rest entfernt werden. Vermeiden Sie eine zeitraubende wie teure Reparatur, indem Sie sich Zeit nehmen.

In südlichen Revieren und Hochsaison gibt es in praktisch jedem Hafen Taucher, die auf solche Fälle spezialisiert sind – und sich den Tauchgang entsprechend bezahlen lassen. Je beliebter der Hafen, je höher die Saison, desto teurer wird es.

Vorsicht mit dem Bugstrahlruder und der Maschine

Achten Sie bei der Ansteuerung eines Hafens oder beim Ablegen darauf, dass weder Festmacher noch Schoten vom Deck rutschen. Beim Mittelmeer-üblichen «rückwärts Einparken» darf keine Mooringleine am Liegeplatz treiben. Nutzen Sie das Bugstrahlruder nur, wenn es nötig ist. Das Boot lässt sich später auch mit den Festmachern achtern und der Mooringleine am Bug gerade an den Liegeplatz ziehen. Beim Ablegen bleibt das Bugstrahlruder aus und die Maschine so lange ausgekuppelt, bis die Mooringleine auf Tiefe geht. Die meisten Manöver gehen schief, weil sie mit unnötiger Hast ausgeführt werden und perfekt ablaufen sollen. Wozu? Es geht allein darum, das Boot sicher und möglichst entspannt vom Liegeplatz zu bekommen. Beim Ablegen mit Seitenwind gewinnen Sie die nötige Zeit, indem das Boot anderweitig von Helfern gesichert wird.

Warten Sie einfach ab, bis die Mooringleine im trüben Wasser des Hafenbeckens gesunken ist und kuppeln dann erst ein. Damit ersparend Sie sich eine Menge Ärger, Reparaturen und Geld.

Was Sie brauchen

  • idealerweise rostfreies Bordwerkzeug
  • Taucherbrille und Kotelettwender für außenbords Einsätze
  • eine große Wasserpumpenzange
  • gängige Schraubenschlüssel
  • Stahl- und Gummihammer
  • Holzklotz zum schonenden Losklopfen angebackener Beschläge
  • Winschenfett, WD 40, eine Dose Kontaktspray
  • Bootsmannsstuhl
  • übliche Ersatzteile wie Reserveimpeller, Keilriemen, Pumpenmembranen, passende Niro-Schlauchschellen

Weiterführende Links

VG