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Blauwasser7 min Lesezeit

Blauwassersegeln: Kommt es doch auf die Länge an?

Welches Boot ist das Richtige für eine sichere Langfahrt? Fragen und Antworten.

Blauwassersegeln: Kommt es doch auf die Länge an?
Big Boat = Big Trouble? © boat24

Welche Schiffsgröße ist die richtige für die Langfahrt? Zugegeben, es kommt selten vor, dass hier eine Frage gestellt wird, die wir nur mit einem Schulterzucken beantworten. Denn es sei gleich vorweggesagt: Zur idealen Schiffslänge für Blauwassersegler gibt es tausendundeine Antworten, Gewissheiten, Meinungen, Erfahrungen und Annahmen. Welche nun die für Sie passende ist, kann nur eine oder einer beantworten – Sie!

Von Michael Kunst, veröffentlicht am 07.07.2017, aktualisiert am 28.03.2023

Das erwartet Sie in diesem Artikel
  • Viele Tipps für den Kauf von Gebrauchtyachten, die auf Langfahrt gehen sollen.
  • Was Komfort an Bord mit Sicherheit zu tun hat.
  • Warum die alte Regel „ein Fuß Schiffslänge pro Lebensjahr“ nur bis zu einem gewissen Alter gilt.
  • Hätten Sie’s gedacht? Länge kostet!

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Wir können jedoch Tipps und Ratschläge geben, die Sie bestimmt auf den richtigen Weg bringen werden. Schließlich zählt die Frage nach der richtigen Schiffslänge für eine Langfahrt im Stile einer Weltumseglung zur wohl kostspieligsten des gesamten Abenteuers. Und der gewisse Unterschied zwischen 7,50 und 20 Metern Schiffslänge dürfte jedem klar sein – finanziell und in Bezug auf den Komfort während der Reise. Aber schön der Reihe nach.

Wie viele und wohin?

Es ist wie bei (fast) allem auf der Welt: Die profansten und vermeintlich banalsten Aspekte zählen zu den wichtigsten und müssen von Beginn an in alle Überlegungen einbezogen werden.
Deshalb Gretchenfrage Nummer Eins: Wie viele Personen werden über die gesamte Strecke mitsegeln? Und wie viele stoßen nur in den karibischen oder sonstigen exotischen Ankerbuchten hinzu?

Es liegt auf der Hand, dass man einem 35- bis 40-jährigen Elternpaar mit drei Kindern etwa aus finanziellen Gründen nicht unbedingt einen 7,50 Meter kurzen Gleiter mit spartanischer Einrichtung im gewichtsparenden Zen-Stil empfehlen kann. Auch wenn Papa fanatischer Spi-Segler ist und gerne «geile Tagestmale» loggt.

© boat24

Das Schiff «im Griff behalten»

Kinder benötigen ihren eigenen Lebensraum – ganz egal, ob auf langen Strecken oder in der paradiesischen Ankerbucht – und müssen zumindest eine Kajüte abgetrennt von «den Alten» haben, in der sie sich «verkriechen» können. Auch wenn es mittlerweile schon einige Beispiel-Familien gibt, die auf Kleinst-Yachten wie Etap 21, Folkeboot oder X-79 (X-Yachts) beachtliche Strecken zu dritt, viert oder gar zu fünft zurückgelegt haben. Doch dies sind Ausnahmen – das Gros der Blauwasserfamilien ist erfahrungsgemäß auf (nach heutigen Maßstäben) mittelgroßen Yachten zwischen zehn und 14 Metern Schiffslänge unterwegs. Jedoch variiert, je nach Geldbeutel, das Alter der Yachten deutlich.

Familie oder Ruheständler?

Eine ähnliche Überlegung, nur unter umgekehrten Voraussetzungen, sollte sich das rüstige 65-jährige Ruheständlerpaar machen, das sich den lang gehegten Lebenstraum von der Weltumseglung oder den mehrjährigen Langfahrttörn noch auf die «alten Tage» erfüllen will. Hier ist die Chance zwar größer, dass «Gelder vorhanden» sind, um sich einen dicken Pott mit 60 Fuß Schiffslänge leisten zu können. Doch haben Sie schon mal darüber nachgedacht, ob Sie auf so einem Schiff nachts mitten auf dem Atlantik bei 40-Knoten-Böen wirklich allein das zweite Reff ins Großsegel einbinden können, weil der Partner gerade seekrank und unpässlich ist?

Komfort hängt von der Länge ab

Der Lebenskomfort auf einem Langfahrtschiff hat erst in zweiter Linie etwas mit Luxus zu tun. Er ist das A und O der Reise – ganz egal, auf welchem der «Sieben Meere» man gerade unterwegs ist. Und Komfort hängt wesentlich von der Schiffslänge und -breite ab: Ist ausreichend Platz für eine (vernünftig eingerichtete) Kombüse an Bord? Sind die Kajüten respektive Kojen wirklich lang genug? Wie zugänglich ist der Maschinenraum? Kann ausreichend Gepäck für jedes Crewmitglied gut verstaut werden? Kann der Salon wirklich als solcher genutzt werden und nimmt tatsächlich die volle Crew zum gemeinsamen Diner auf?

Lange auf See, viel länger im Hafen

Natürlich träumt man bei der Planung der Reise respektive vor dem Schiffskauf von wochenlangen Schlägen über die Ozeane. Doch sind diese klassischen Blauwasserbilder nur eine vergleichsweise kurze Sequenz in der anstehenden «Langfahrt». Die mit Abstand meiste Zeit verbringen Weltum- oder Langfahrtsegler in Häfen oder vor Anker. Hierfür gibt es eine seit Jahrzehnten gültige «Formel: Wer drei Jahre unterwegs sein will, sollte sich darauf einstellen, dass er zwei Drittel der Zeit vor Anker oder im Hafen verbringen wird. Wer vier Jahre reisen möchte, drei Viertel und fünf Jahre vier Fünftel. Was sich zunächst wie eine Milchmädchenrechnung liest, macht erfahrungsgemäß durchaus Sinn. Denn nur die wenigsten BlauwasserseglerInnen und erst recht solche, die Kinder oder eher tertiär am Segeln interessierte PartnerInnen bei sich haben, verbringen wirklich einen Großteil der veranschlagten Auszeit auf dem Wasser.

Welche Auswirkungen das auf die Schiffslänge haben soll? Ganz einfach: Wird das Boot in erster Linie als schwimmendes Appartement und nicht als Sport- oder Reisegerät genutzt, erhöht sich auch der Komfortbedarf. Da beanspruchen die Freunde, die sich bei der Atlantiküberquerung noch im Wachwechsel je eine Koje geteilt haben, plötzlich jeder eine solche für sich!

Und die Kinder wollen ihre Hausaufgaben nicht mehr zwischen Suppe kochen und Kartenarbeit am einzigen Tisch des Bootes machen, sondern beanspruchen zumindest eine Ablagefläche für sich. Ganz abgesehen von den Eltern, die einfach mal nachts etwas Abstand von den lieben Kleinen benötigen, die tuschelnd und bei jedem Geräusch kichernd sonst in der Koje direkt nebenan liegen. Kurz: je länger die Fahrt, desto mehr Komfort ist angesagt.

Wenig Sinn, ab einem gewissen Alter

Es gibt in der Langfahrtszene eine weitere Regel, die jedoch nur bedingt Allgemeingültigkeit hat. «Für jedes Jahr einen Fuß» bemisst sich am Lebensalter der Blauwasseryacht-Protagonisten und der angeblich geeigneten Länge ihrer Schiffe. Das hat rein statistisch betrachtet zumindest in einem gewissen Rahmen seine Berechtigung: Wer als 21-Jähriger einhand und sportlich über den Atlantik will, der ist mit einem 21-Fuß-Mini durchaus gut bedient. Das Gleiche gilt für 26-jährige Folkeboot-Segler, die etwa zu zweit im Rahmen der ARC über den Großen Teich segeln wollen.

Und die jung-dynamischen Familien mit 40- bis 45-jährigen Eltern, die nach beruflich erfolgreichen Zeiten dem Nachwuchs die große, weite Welt zeigen wollen, sind in den meisten Fällen tatsächlich auf altersadäquaten Schiffslängen on tour. Nur macht eben ab einem gewissen Alter die Formel keinen Sinn mehr – es sei denn, man leistet sich (und erträgt) eine Profi-Crew an Bord oder vertraut auf höchst störungsanfällige Motorleistungen für jede Winsch, jede Schot, jeder Fall.

Tatsächlich kam bei diversen Umfragen diverser Segelmagazine, auf Blauwasser-Online-Sites und beim Blick durch typische Langfahrt-Häfen wie auf den Azoren, Kanaren, in der Karibik oder vor dem Panama-Kanal eine Art Ideal-Maß für Langfahrt- respektive Weltumsegler zutage: 38-46 Fuß, je nach Anzahl der Törnteilnehmer. Alles andere wurde statistisch als zu klein oder zu groß empfunden. Und zwar aus Komfortgründen – mit den Segelleistungen der Boote hatte das wenig zu tun.

Die Leistungsfähigkeit sollte bei der Wahl der richtigen Schiffslänge zwar ebenfalls eine gewisse Rolle spielen, aber nicht überbewertet werden. Auch hier gibt es eine Faustregel: Bei der Kaufentscheidung den Segeleigenschaften eher weniger als 50 % Entscheidungskraft zubilligen. Ziehen Sie Bootstests zurate, prüfen Sie, ob über den Schiffstyp, mit dem Sie liebäugeln, Fahrtberichte in Blauwasserforen zu finden sind. Merke: Warum die gleichen Fehler machen wie Hunderte vor Ihnen, wenn man voneinander lernen kann.

© boat24

Länge kostet

Die alte Seglerregel «Länge läuft» dürfte jedem mittlerweile bekannt sein (wenn sie auch nicht mehr immer gilt). Was nur wenige wissen oder wahrhaben wollen: «Länge kostet» gilt immer!
Nicht nur bei den Hafengebühren zählt jeder Meter, auch beim Unterhalt läuft alles auf die gleiche Formel heraus: je länger, desto teurer wird’s. Nicht zuletzt, weil die langen Pötte schlechter zu handhaben sind und viel mehr Platz für störungsanfälligen, meist teuren «Schnickschnack» haben.

Bleiben wir zum Abschluss noch bei den Finanzen. Sie werden sich bestimmt schon die Frage gestellt haben: «gebraucht oder neu?» Und es wird Sie wenig erstaunen, dass wir hier auf boat24.com dazu raten, unbedingt auf dem Gebrauchtbootmarkt ihr Glück zu suchen.

Denn bis eine neue Yacht für den «großen Törn» ausgerüstet ist, fallen mitunter unabsehbar hohe Zusatzkosten an. Ganz zu schweigen von der Wahl der richtigen Ausrüstungsgegenstände für das jeweilige Boot. Der Wertverlust von Yachten, die für die Langfahrt ausgerüstet oder prädestiniert sind, bleibt nach einer mehrjährigen Reise mit reichlich Seemeilen auf der Logge je nach Bootstyp gewaltig.

Während sie bei einem gepflegten Gebrauchtboot im oben beschriebenen Längen- und somit Komfort-Segment in vielen Fällen genau das Boot finden werden, das für Ihre Reise wie gemacht und ausgerüstet scheint. Weil sie genau diese oder eine ähnliche gerade hinter sich gebracht hat.

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Zusammenfassung zum Thema «ideale Schiffslänge für Langfahrttörns wie Weltumseglungen, Atlantikrundungen etc.»

  • «Pro Lebensjahr (der Segler) ein Fuß Schiffslänge» gilt nur bedingt
  • Statistisch sind die meisten Segler auf Langfahrttörns mit Booten zwischen 36 und 46 Fuß Schiffslänge unterwegs
  • Komfort an Bord sollte eine übergeordnete Rolle bei der Wahl der Schiffslänge spielen
  • Big boats - big trouble ist nicht umsonst eine nach wie vor gültige Regel in der Cruiserszene
  • Suchen Sie in aller Ruhe auf dem Gebrauchtbootmarkt. Einfach unter «erweiterte Suche» Segelboote und dann Schiffslänge eingeben. Für den ganz großen Rundumschlag, das Beispiel «9-16 Meter» – über 4.000 Angebote warten auf Sie!

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