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Ablegen ohne Schein
Wo Sie führerscheinfrei segeln oder Motorboot fahren
Bis 15 PS motoren Sie auf vielen deutschen Gewässern ohne Bootsführerschein. Auch Segler benötigen oft keinen Schein. Außerhalb der 12-Meilen-Zone, an der Küste, auf dem Rhein, dem Bodensee, für schweizerische oder österreichische Gewässer gibt es zum scheinlosen Skipperglück andere Bestimmungen. Hier eine Übersicht, wo, was geht.
Von Erdmann Braschos, veröffentlicht am 05.12.2023, aktualisiert am 10.11.2024
Das erwartet Sie in diesem Artikel
- seit 2012 von 5 (3,68 kW) auf 15 PS (11,03 kW) angehobenes Limit für Verbrennermotoren
- Regelungen für Jetskis, amtlich «Wassermotorräder» genannt
- seit 2023 von 15 auf 10 PS (7,5 kW) reduziertes Limit für Elektromotoren
- 5 (3,73 kW) und 6 PS (4,47 kW) Grenzen zum führerscheinfreien Fahren
- die «Charterbescheinigung»
- Vorschriften zum führerscheinfreien Segeln
- wo sie ungeachtet der Segelfläche führerscheinfrei segeln
- 6 und 12 qm Limits für Segler
- Ausnahmen für Ausländer in Deutschland
- keine Führerscheinpflicht für Surfer
- Führerscheinvorschriften in ausländischen Gewässern
- Führerscheinfreies Skippern für Österreicher und Schweizer
- Strafen
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Leider gibt es rings um den Wassersport sichtbare wie unsichtbare Zäune. Sichtbar sind die geschlossenen Gatter der Vereine. Nicht direkt erkennbar, jedoch bedauerlicherweise ebenso hinderlich, ist das komplizierte Bootsführerscheinwesen. Es unterscheidet sich von Land zu Land, manchmal von Gewässer zu Gewässer in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Die gute Nachricht: Bis zu einer gewissen Segelfläche und Motorisierung geht es erstaunlich oft ohne Schein. Sie müssen nur wissen wo. Dieser Beitrag zeigt es Ihnen im Detail.
Bei der Führerscheinpflicht spielt es keine Rolle, ob der an Bord vorhandene Motor genutzt wird. Gibt es einen Motor mit einer bestimmten Leistung, muss der gesetzlich vorgeschriebene Führerschein dazu für das jeweilige Gewässer vorhanden sein.
Wichtig zu wissen: Die Erlaubnis zum führerscheinlosen Segeln oder Motorbootfahren gilt ausschließlich für die nicht gewerbliche Nutzung eines Bootes. Sobald beispielsweise für die Mitnahme von Gästen zu Ausbildungs- oder Erholungszwecken an Bord etwas gezahlt wird, gilt die Nutzung des Bootes automatisch als gewerblich. Dann gelten andere, deutlich strengere Führerscheinvorschriften und auch Bestimmungen zur Ausrüstung des Bootes. Auch das ist in der sogenannten Sportbootführerscheinverordnung (SpFV) in Deutschland unmissverständlich geregelt. Sie wird bekannt gemacht vom Bundesministerium der Justiz und besteht derzeit aus 18 Paragrafen und 9 Anhängen. Sie lautet in voller Länge: „Sportbootführerscheinverordnung vom 3. Mai 2017 (BGBl. I S. 1016; 4043), die zuletzt durch Artikel 7 der Verordnung vom 5. April 2023 (BGBl. 2023 II Nr. 105) geändert worden ist“.
Warum der Bootssport seit einer Weile einfach und recht sicher auszuüben ist
Die Digitalisierung hat auch die Auszeit aus dem Wasser wunderbar vereinfacht. Wir bekommen unsere Position jederzeit metergenau gezeigt. Aktuelle Informationen zu den absehbaren Wind- und Strömungsverhältnissen, zum Seegang, zur Sicht, zu Wolkenbänken oder drohenden Gewittern sind ständig über das Smartphone erhältlich.
So wurde die einstige und von Wichtigtuern früher entsprechend gern als „Geheimwissenschaft“ zelebrierte Nautik zum einigermaßen sorglos und sicher zu genießenden Vergnügen. Mit etwas Revierkenntnis und Vorbereitung legt auch der sprichwörtliche Einsteiger ohne Führerschein für ein paar Stunden ab und probiert die Sache mal aus. Und zwar zunächst ohne Paragrafenbüffeln und Prüfungshürden.
Scheinlos glücklich
Ich war jahrelang ohne Schein unterwegs. Der Opti, 420er, Pirat, der Laser oder die Europe-Jolle wurde in die nordrhein-westfälische Talsperre geschoben. Nach dem Auftakeln wurde das Gefährt vom Steg geschubst und geguckt, wie es und was heute geht. Das Gewässer war überschaubar und ringsum sicher. Abgesehen vom Ausflugsdampfer gab es keine Berufsschifffahrt, Strömung und Untiefen ohnehin nicht.
Die Lernkurve in diesem wunderschönen Revier war steil. Erst für Regatten brauchte es einen Schein und anhand des Schwimmabzeichens den Nachweis, dass ich schwimmen kann.
Irgendwann wurde der sogenannte A-Schein gemacht und später der Sportbootführerschein-See, dessen Praxisteil in Gestalt der „Fahrprüfung“ mit einer umfunktionierten Barkasse im Hamburger Holzhafen stattfand. Nach dem Einlegen des Rückwärtsgangs half der Fahrlehrer mit ein, zwei Hammerschlägen aufs Getriebe nach. So stellte er sicher, dass der Gang auch drin ist. Dann führte ich dem verständnisvoll lächelnden Prüfer das Stoppen des Gefährts und beim Anlegen rückwärts an die komfortable Steuerbordseite den sogenannten Radeffekt vor. So rustikal, praxisnah und entspannt ging die Sache über die Bühne. So richtig lernte ich den Umgang mit Motordrehzahl, Rückwärtsgang, Ruderblatt und Schokoladenseite am Steg dann später - übrigens ohne Hammer.
Auf Dauer wichtiger als der Bootsführerschein ist, dass Sie den Umgang mit Wind und Strömung, Gasgriff oder -hebel, mit Pinne und Schot lernen und möglichst regelmäßig im Thema bleiben. Es ist eine zutreffende Binsenweisheit, dass ein Bootsführerschein, für den das Basiswissen und die allernötigste Praxis in ziemlich kompakter Form vermittelt wird, dieses Papier also nur der Einstieg ist. Erst Erfahrung auf dem Wasser bietet Entspannung, Erholung, bei einem Umschlag des Wetters dann die wichtige Gelassenheit und Sicherheit.
Die 15 PS-Regel
Auf vielen Binnengewässern und entlang der deutschen Küste gilt üblicherweise die 15 PS (11,03 Kilowatt) Regel. Bis zu dieser Motorisierung brauchen Sie keinen Sportbootführerschein. Die Regel gilt in Binnengewässern bis 20 Meter Länge über Deck (also ohne Bugspriet und Ruderblatt). Auf Seeschifffahrtsstraßen gibt es diese Längenbegrenzung nicht. Nur: Wer ist mit einem 20 m Pott unterwegs, dessen Motor keine 15 PS hat? In einigen Binnengewässern gelten andere Motorisierungslimits: Auf dem Bodensee fahren Sie bis 6 PS führerscheinfrei, auf dem Rhein, ebenso im Hamburger Hafen der Elbe bis 5 PS führerscheinfrei. Etwas komplizierter ist es in Berliner Gewässern.
Jetskis
- für Jetskis gelten die gleichen Führerscheinregeln wie für Motorboote. Ab 15 PS ist ein Sportbootführerschein vorgeschrieben. Wichtig zu wissen ist, dass es für Jetskis gewässerspezifische Einschränkungen gibt. Diese gehen so weit, dass in bestimmten Ländern wie in Österreich und der Schweiz und auf dem Bodensee Jetskis nicht erlaubt sind.
- in Holland wird für Jetskis ein dem deutschen Sportbootführerschein Binnen vergleichbarer Bootsführerschein verlangt.
- in Frankreich gilt die Führerscheinpflicht des Herkunftslandes.
Seit 2023 reduziertes Limit für Elektromotoren
Da die Leistung von Elektromotoren nur indirekt mit der von Verbrennern vergleichbar ist, E-Antriebe ein stärkeres Drehmoment und andere Spitzenleistungen bieten, wurde die Leistung von Elektromotoren zum führerscheinlosen Fahren gemäß Bundesgesetzblatt Nr. 48 vom 8.12.2022 kurzfristig zum Jahresbeginn 2023 von 15 auf 10,2 PS (7,5 kW) reduziert.
5 und 6 PS Limits
Auf dem Rhein, im Hamburger Hafen und auf der Ems darf bis 5 PS (3,73 kW) führerscheinfrei gefahren werden. Auf dem Bodensee sind es 6 PS (4,47 kW).
Die Charterbescheinigung
Bei diesem Papier handelt es sich nicht um einen Bootsführerschein, sondern eine zeitlich auf den Bootsurlaub begrenzte und revierbezogene Erlaubnis zum Fahren eines höchstens 15 m langen Charterbootes mit bis zu zwölf Personen nach einer gründlichen Einweisung durch den Vermieter. Diese Bescheinigung erlaubt seit Mai 2000 Bootsurlaubern auf bestimmten deutschen Binnengewässern ein Charterboot, ohne Sportbootführerschein zu fahren, wie er ansonsten vorgeschrieben ist. Wie das folgende Foto zeigt, ist die Nutzung von Binnenschifffahrtsstraßen mit einem Charterschein detailliert geregelt. Sie erfahren bei der Einweisung und Übergabe des Bootes durch den Vermieter, welche Gewässer oder Abschnitte eines Kanals oder Flusses überhaupt angesteuert werden dürfen.
§ 9 der sogenannten Binnenschifffahrt-Sportbootvermietungsverordnung (BinSch-SportbootVermV) beschreibt das unmissverständlich. Sie nennt die Binnengewässer, die mit der Bescheinigung befahren werden dürfen und welche nicht. Es darf nicht bei Nacht nicht gefahren werden und nicht bei mehr als vier Windstärken, weil Hausboote dem Wind eine große Fläche bieten und die Handhabung, speziell die Ab- und Anlegemanöver anspruchsvoll sind.
Mittlerweile hat sich für die Ausnahmeregelung der Begriff „Charterschein“ eingebürgert, obwohl es sich wie beschrieben nicht um einen Bootsführerschein handelt. Damit darf bis zu 12 km/h in stillem Wasser gefahren werden. Die Charterbescheinigung wird nach einer mehrstündigen und entsprechend gründlichen Einweisung des Charterskippers ohne Abnahme einer Prüfung ausgestellt. Sie kostet den Bootsurlauber etwa 50 – 150 €.
Führerscheinfrei Segeln
Mit Jollen und Kielbooten ohne Motor oder solchen unterhalb der bereits genannten Leistungslimits ist führerscheinfreie Fahrt in Deutschland grundsätzlich zulässig. Es gibt allerdings zahlreiche Einschränkungen und Ausnahmen, die von Bundesland zu Bundesland und von Gewässer zu Gewässer unterschiedlich sind. Am Bodensee legen Segler bis zu einer Segelfläche von zwölf Quadratmetern führerscheinfrei ab.
Auf einigen Binnen-Wasserstraßen in und um Berlin (etwa der Havel-Oder-Wasserstraße, Untere-Havel-Wasserstraße und Spree-Oder-Wasserstraße) braucht es immer einen Bootsführerschein. Laut Bundesgesetzblatt I 2017, 1038 Anlage 8 (zu § 5 Absatz 2) sind das folgende Gewässer:
- die Havel-Oder-Wasserstraße von der Spreemündung bei Spandau bis km 10,20 einschließlich Nieder Neuendorfer See, Spandauer Havel, Tegeler See
- die untere Havel-Wasserstraße von der Spreemündung bei Spandau bis km 16,40 einschließlich Pichelsdorfer Havel mit dem große Wannsee
- die Spree-Oder-Wasserstraße von der Abzweigung aus der Havel bei Spandau bis Oder-Spree-Kanal (km 45,10) einschließlich untere Spree, Berliner Spree, Treptower Spree mit dem Ruhlebener Altarm, dem Rummelsburger See
- die Müggelspree von der Einmündung in die Spree-Oder-Wasserstraße (Köpenick) bis km 11,40 einschließlich Großem und Kleinem Müggelsee sowie „Die Bänke“
- Langer See
- Großer Krampe
- Seddinsee
- Griebnitzsee
- Kleinmachnower See
- Stölpchensee
- Pohlesee
- Kleiner Wannsee
Ausnahmen für Ausländer
Höchstens ein Jahr in Deutschland lebende Ausländer benötigen in Deutschland keinen Bootsführerschein, sofern er im Heimatland, wie Dänemark, nicht verlangt wird.
Regeln für Bootsurlauber im Ausland
Für Bootsurlauber im Ausland gelten üblicherweise die heimatlichen Führerscheinbestimmungen mit den beschriebenen Motorisierungs- und Segelflächenlimits.
Strafen für Fahrten ohne Bootsführerschein
Werden Sie ohne Führerschein in einem Gewässer erwischt, wo ein Führerschein vorgeschrieben ist, erwarten Sie beispielsweise in Deutschland folgende Strafen:
- 250 - 5.000 € für das Befahren einer Binnenschifffahrts- bzw. Wasserstraße ohne Fahrerlaubnis.
- 150 – 500 € für Fahren eines Sportbootes ohne den erforderlichen Führerschein.
Führerscheinfreies Ablegen für Österreicher
In Österreich darf ebenso wie auf dem Bodensee bis 6 PS (4,4 kW) ohne das sog. Schiffsführerpatent abgelegt werden.
Führerscheinfreies Ablegen für Schweizer
Bis 8 PS (6 kW) darf in der Schweiz ohne den sogenannten Bootsführerausweis abgelegt werden. Auf dem Bodensee gilt das international, also auch für deutsche oder österreichische Skipper festgelegte 6 PS (4,4 kW) Limit. Schweizer Segler benötigen bis 15 Quadratmeter Segelfläche keine Papiere
Bootsführerschein Informationen zu den jeweiligen Ländern
- Weitere Informationen zum Bootsführerschein Deutschland
- Mehr zum Bootsführerschein Österreich
- Weiteres zum Bootsführerschein Schweiz
- Einzelheiten zum Bootsführerschein Bodensee