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Edgy

Der 58 m lange Einmaster „Ngoni“ ist in vieler Hinsicht anders

Edgy
Fährt auch im Stehen - der Designerschlitten "Ngoni" vor Anker © Royal Huisman Werft

Seit der «Arche Noah» haben Boote, Jollen, Yachten oder Schiffe eine zum Bug und Heck hin aufwärts geschwungene Deckskante. Sie verleiht jedem schwimmenden Untersatz die vertraute Anmutung. Der hohe Bug und die angehobene Heckpartie helfen dem Boot über die Wellen.

Von Erdmann Braschos, veröffentlicht am 19.03.2018

Das erwartet Sie in diesem Artikel
  • was ein positiver und negativer Deckssprung ist
  • was die abgesenkte Deckskante bei Regattabooten bringt
  • wer mal mit der abgesenkten Deckskante experimentiert hat

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Die Form gilt als seetüchtig, schiffig, schön. Einzig beim gleitenden Motorboot hat sich der geduckte Bug durchgesetzt. So kann man nach vorne aufs Wasser gucken und sieht, wo die Reise hingeht.

Kühn: Das zum Bug hin abgesenkte "Ngoni" Vordeck
Kühn: Das zum Bug hin abgesenkte "Ngoni" Vordeck © Royal Huisman Werft

Man muss schon schlimmes Zeug rauchen oder Brite sein, wahrscheinlich beides, um die Enden einer Segelyacht nach unten zu biegen. Das wurde andeutungsweise mal bei einem Admiral's Cupper gemacht, den sich der englische Verleger Sir Max Aitken anno 1963 bauen ließ. Dieses in die damalige RORC Vermessung maßgeschneiderte Boot hieß - passend – «Outlaw».

Seitenansicht der Yacht
Seitenansicht der Yacht © Dubois Naval Architects

Als sich der Eigner der «Ngoni» vor einigen Jahren von Konstrukteur Ed Dubois den ersten Entwurf seiner neuen Yacht zeigen ließ, fand er ihn zwar interessant, von der Anmutung her aber zu zahm. Also trieb Dubois das Konzept des 58 m Schlittens weiter, ersetzte die gerade Deckskante durch eine vorn und achtern abgesenkte Form, wie bei «Outlaw». Nur raffinierter, nämlich in der Mitte auch noch angedeutet wellig. Sie erinnert an das kraftstrotzende Design eines Sportwagens, wo die Karosserie über den Radkästen angehoben ist.

Der Designerbug des schnittig schlanken Renners messert durch das Meer. Das Deck endet weit hinter dem runden Steven. Mit dem Buttermesserbug wurde vor Jahrzehnten schon bei Regattabooten, etwa den ehrgeizig gesegelten 5,5er-Dreimann Kielbooten experimentiert. Ohne Bugspitze ist der Windanschnitt besser und das Boot beim Kreuzen theoretisch eine Idee schneller. Das lässt sich im Windkanal nachweisen. Zwar spielt das bei einer opulent ausgestatteten 353 t Tourenyacht mit großen Tanks keine Rolle. Dafür ist das Design anders - edgy und sexy.

So sah der Entwurf in einem frühen Stadium aus
So sah der Entwurf in einem frühen Stadium aus © Royal Huisman Werft

Natürlich ließ Dubois es nicht bei der abgefahrenen Deckskante: Auch im Großbaum steckt gestalterische Finesse. Weil sich die 853 qm des Großsegels abends nach dem Segeln schlecht von Hand einpacken lassen, ist es ein Rollbaum. Dessen hintere vier der 25 m haben allein die Aufgabe, die Seitenansicht stimmig zu machen. Als optischer Spoiler führt er den Blick zur abgesenkten Heckpartie.

So kühn und heikel das Spiel mit der Deckskante ist: In meinen Augen ist das Boot ein Wurf. Wenn einer die seit «Arche Noah» übliche Form durch etwas Neues in Frage stellen konnte, dann der neulich verstorbene englische Yachtkonstrukteur Ed Dubois mit seinem letzten Boot, mit «Ngoni».

Die geschwungene Deckskante des Bootes
Die geschwungene Deckskante des Bootes © Dubois Naval Architects

Werft: Royal Huisman
Baujahr: 2017
Länge: 58,15 m
Wasserlinie: 51,20 m
Breite: 9,54 m
Hubkiel: 97 t
Tiefgang Segelstellung: 8,10 m
Hafen- und Buchttiefgang: 5,30 m
Top über Wasser: 75 m
Groß: 853 qm
Fock: 687 qm
Stagsegel: 289 qm
Code: 1.097 qm
Gennaker: 2.240 qm

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