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Segeln3 min Lesezeit

Segeln – wie kann das funktionieren?

Widerstand, Auftrieb, Vortrieb, Lateralplan … liest sich alles komplizierter, als es ist.

Segeln – wie kann das funktionieren?
Wind trifft auf Segel – Boot fährt. Aber warum? © ZDF/Pur+/Autorenkombinat/Tobias Schönke

Wind trifft auf Segel – so weit, so gut. Aber WARUM bewegen sich Segelboote und -schiffe durch dieses „Rendezvous“? WIE kann es sein, dass ein Segelboot in die Richtung kreuzt, aus der der Wind kommt? WAS hat das alles mit dem Kiel eines Segelbootes zu tun?

Von Michael Kunst, veröffentlicht am 20.08.2024

Das erwartet Sie in diesem Artikel
  • Warum ein Segel am Mast und unteren, hinteren Ende eine "Befestigung" haben muss
  • Wie man mit Widerstand den Vortrieb erzeugt
  • Welche „Vorteile“ ein Kiel mit sich bringt
  • Beim Kreuzen wirkt der Auftrieb als Vortrieb
  • Vor dem Wind wirkt der Widerstand (des Segels und Bootes) als Vortrieb

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Es ist wie bei so vielem im täglichen oder häufigen Anwendungsbereich: Da kann man etwas, erledigt Bewegungsabläufe aus dem (vermeintlichen) Effeff, man fühlt sich „sicher“ in den jeweiligen Situationen … und dann werden einem die nervtötenden W-Fragen gestellt: warum, wieso und wie? Nicht selten ist einem für die Beantwortung dann buchstäblich der „Wind aus den Segeln“ genommen.

Apropos: Wie funktioniert eigentlich Segeln, wie kann das klappen?

Keine Sorge, wir werden ihnen mit den nachfolgenden Zeilen keine wissenschaftlichen Erklärungen mit Berechnungen aus der Physik des Segelns zumuten. Vielmehr soll k.k.k (kurz. knapp. klar) gezeigt und ein wenig erklärt werden, warum ein Segelboot überhaupt „in Fahrt kommt“.

Voraussetzungen

Ein Bootskörper, auf dem ein Mast gesetzt und an dem wiederum ein Segel gehisst wurde. Die Stellung des Segels zur Windrichtung (Anstellwinkel) sollte am unteren, hinteren Ende zumindest mit einer Schot (Leine) möglich sein (Segel Richtung Bootsmitte ziehen oder nach außen öffnen).

Die Wirkung der Segelstellung kann sich durch einen „Baum“ verbessern (meist im ca. 90°-Winkel vom Mast ausgehend), mit dem das Segel gespannt und genauer getrimmt werden kann.

Auftrieb? Ich will Vor- oder Antrieb!

Grundsätzlich wirken beim Segeln zwei Antriebseffekte auf das Boot: Widerstand und Auftrieb.

Antrieb durch Widerstand entsteht dann, wenn der Wind direkt von hinten über das Boot weht und auf das Segel trifft. Idealerweise wird dem Wind dann eine möglichst große Angriffsfläche geboten, indem das Segel quer (ca. 90 Grad) zum Boot gestellt respektive geöffnet wird.

Damit überhaupt ein Widerstand entstehen kann, muss das Segel mit einer Schot am Boot befestigt bleiben. Sonst würden sich das Segel und gegebenenfalls das Boot „in den Wind stellen“ und somit keinen Vortrieb mehr erzeugen.

Wo strömt die Luft am Segel?

Beim sogenannten Auftriebs-Effekt treibt die Luftströmung um das Segel das Boot voran. Dieses Prinzip kommt dann zum Tragen, wenn man zu einem Ziel gelangen will, das in der Richtung liegt, aus der wiederum der Wind weht. Kreuzen am oder gegen den Wind, aber auch auf „raumen Kursen“ (u.a. ca 90° Windeinfallswinkel)

Vortrieb wird mit dem Auftriebs-Effekt erzeugt, weil die Luft auf der bauchigen Seite des Segels schneller vorbeiströmt, als auf der (eher hohlen) Innenseite. Auf dieser, dem Wind nun eher abgewandten Seite (Lee) entsteht ein Überdruck, während auf der anderen, der Luv-Seite ein Unterdruck und somit ein Sog herrscht. Als physikalische Gesamtkraft in die gleiche Richtung heben sich die beiden Luftströmungen NICHT gegenseitig auf, sondern erzeugen einen Auftrieb.

Idealerweise muss das Segel je nach Windeinfallswinkel und Kurs „am Wind“ Richtung Ziel dichtgeholt, also näher zur Schiffsmitte gezogen werden.

Uups, jetzt segeln wir schief!

Auf Kursen, bei denen der Wind von nahezu vorn (z. B. 40 Grad Windeinfallswinkel bis ca. 90°), auf das Segel trifft, entstehen rein theoretisch zwei unerwünschte Effekte.

1. Das Boot neigt sich unter dem Winddruck zur Seite. Je nach Windstärke, Segelfläche und Rumpfform könnte das Boot also umkippen. Nebenbei bemerkt: Je nach Schräglage reduziert sich die Segelfläche, auf die der Wind trifft und somit die Geschwindigkeit des Bootes.

2. Das Boot treibt seitlich ab.

Dies zur Theorie.

Kiel – Gewichtsstabilität und Lateralplan

In der Praxis haben Bootsbauer schon vor Jahrtausenden den Kiel, aber auch das Schwert erfunden. Beide gibt es heute in diversen Varianten (siehe auch „Kiel“ auf Boat24). Bleiben wir beim Prinzip:

1. Ein Kiel sorgt für Gewichtsstabilität. Vereinfacht: Drückt der Wind in das Segel, krängt das Boot zur Seite, der Kiel reduziert die Krängung und verhindert bis zu einem gewissen Grad die Kenterung. Moderne Hochsee-Regattaboote müssen sich nach einer Durchkenterung von selbst aufrichten können.

2. Der Kiel vergrößert den Lateralplan (der L. wirkt dem seitlichen Abdriften entgegen). Soll heißen: Die seitliche Abdrift wird verhindert, der Auftrieb in Luv (woher der Wind weht) vergrößert und somit Vortrieb erzeugt.

Übrigens, Segelboote können nicht „im Wind“ segeln (der Wind kommt genau von vorn und hat keine Angriffsfläche auf dem Segel).

Mit modernen Techniken, unter Ausnutzung des Fahrtwindes und eines modifizierten Lateralplans, ist es allerdings möglich geworden, dass Segelboote zwei- bis dreimal schneller als der Wind segeln (America's Cup).

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