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Bootstransport: Wenn das Boot umzieht
Huckepack ist der Revierwechsel flott erledigt
Normalerweise verreisen Yachten auf eigenem Kiel. Dazu sind sie gemacht. Wenn der Kurs jedoch lang, Aufwand und Risiko der Reise groß sind oder schlicht die Zeit dazu fehlt, ist der professionelle Transport interessant.
Von Erdmann Braschos, veröffentlicht am 30.07.2020, aktualisiert am 09.10.2024
Das erwartet Sie in diesem Artikel
- wann sich der Bootstransport lohnt
- welche Grenzen es bei der Breite und Höhe gibt
- welche Papiere vorhanden sein müssen (Checkliste)
- welches Land zu vermeiden ist
- Preisbeispiele für übliche Routen
- was beim Kranen zu beachten ist
- wie man das Boot für den Transport vorbereitet
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Yachten «auf Achse» sind an Autobahnen und Rastplätzen ein gewohnter Anblick. Oft begegnet man werft neuen Booten unterwegs zu ihrem Revier, meist ans Mittelmeer. Bavaria fertigt in Bayern. Da beginnt die Reise automatisch auf der Straße.
Auch langjährige Bootseigner verschicken ihre Schätze huckepack kreuz und quer durch Europa, berichtet Hartmut Köhler. Gemeinsam mit seiner Frau Claudia transportiert er seit Anfang der Achtzigerjahre Boote aller Art. Dass Motoryachteigner ihr Schiff aus Nordrhein-Westfalen in den sonnigen Süden bringen und es später wieder abholen lassen, ist Köhler zufolge üblich. Die Transportkosten eines 50 Fußes (ca. 15 m) Brummers liegen mit 10 – 15.000 € unter dem Chartertarif für ein vergleichbares Boot in der Hochsaison. Auch ist es angenehmer, die schönsten Wochen des Jahres an Bord des eigenen Gefährts zu verbringen.
Auch Segelyachten wechseln aus diesem Grund das Revier. Die Verschickung von Rostock zur Adria zum slowenischen Portorož beispielsweise bis 3 m Breite (ohne Begleitfahrzeug) kostet 3 - 5.000 €, bei größerer Breite, wo Begleitung vorgeschrieben ist, 7 – 8.000 €. Grundsätzlich lassen sich bis zu 6 m breite Boote über die Straße transportieren. Von der Länge her gehen bis zu 65 oder 70 Fuß (ca. 21 m). Köhler nimmt bis 25 t schwere Yachten mit.
Neben der Breite ist die Höhe wichtig. Bis 4,40 m Höhe kann über Salzburg südwärts gefahren werden, bei 4,50 m Höhe geht es via Wien. Die Alpentunnel sind das Nadelöhr.
Eigner empfindlicher Holzboote sollten sich nach der Federung des Anhängers erkundigen. Torsten Glogau von der gleichnamigen Yachtspedition dazu: «Wir transportieren schonend mit luftgefederten Fahrzeugen».
Vorsicht mit Italien
Ein Thema für sich ist Italien. Viele Yachtspediteure lehnen es ab, ein Boot dort abzuholen oder es zu diesem wunderbaren Mittelmeer-Ziel zu bringen. Der bürokratische Aufwand ist groß. Bereits kleine Formfehler in den Dokumenten reichen der dortigen Polizei für Strafen und Stilllegung des Transports. Da genügt bereits eine marginale Abweichung gegenüber den Papieren. Die Vorschriften werden schikanös und Kosten-treibend ausgelegt.
Deshalb haben die Köhlers Dauergenehmigungen für Italien und einen in Bozen ansässigen Agenten, der bei Problemen mit Autobahngesellschaften, Behörden, Kommunen, der Polizei oder zuständigen Provinzen in Landessprache auf dem kürzesten möglichen Dienstweg die Strippen zieht. Das kostet Zeit, Geld und Nerven, weshalb auch die Köhlers die Fahrt, nur wenn unvermeidlich durch Italien planen. Yachtspediteur Glogau fährt mit seinen Tiefladern alle europäischen Mittelmeerhäfen außer Italien an. Die Fahrt durch Österreich, Frankreich oder Spanien ist dagegen problemlos. Die französische oder spanische Küste bietet mit ihren zahlreichen Marinas und Travelliften viele Möglichkeiten. Ein Minus südfranzösischer Häfen ist die Arroganz der dortigen Hafenmeister.
Die Transporthöhe lässt sich bei vielen Motoryachten mit abnehmbarem Hardtop, demontierter Flybridge, Windschutzscheiben, Geräteträger und Klappverdeck verringern. Abgesehen von kippsicher gestauten Sachen sind Köhler zufolge vom Bootseigner keine besonderen Vorkehrungen zu treffen. «Wir brauchen einen Auftrag und eine schriftliche Zugangsgenehmigung zum Boot für die Marina, wo wir das Boot abholen, mehr nicht. Wir kümmern uns um alles».
Große Motoryachten werden rückwärts transportiert. Daher das Cockpit, Steuerstand und Niedergang vor Fahrtwind und Regen schützen. Das ist in der nassen Jahreszeit mit dreckigen Straßen wichtig. Werft neue Boote werden in Plastikfolie eingeschweißt gefahren. Da kommt das Schiff wie aus dem Ei gepellt in der Marina an. Bei der Wahl des Hafens zum Ab- und Aufladen des Bootes sind die schmalen Straßen in den Marinas (beispielsweise im südfranzösischen Hyeres) zu berücksichtigen, durch deren enge Kurven in der Marina das lange Gespann schlecht kommt.
Anhand eigener Erfahrung rate ich, beim Auswassern von Booten, wo mit achtlos platzierten Krangurten die Welle, Wellenbock, der Propeller oder Saildrive beschädigt wird, selbst dabei zu sein. Der Schaden, den eine verbogene Welle oder in den Maschinenraum gedrückter Saildrive anrichtet, ist groß. Der hintere Gurt hebt meist auch die Maschine aus dem Motorfundament. Das Boot liegt dann für Wochen, wenn nicht Monate still. Hinzu kommt die Beschäftigung mit Gutachtern, die Regulierung des Schadens und die Reparatur selbst. Die Saison ist gelaufen.
Sollten Sie nicht vor Ort sein können, beauftragen Sie jemanden, der aufpasst, hilft und dem Kranfahrer zeigt, wo die Gurte am Rumpf hingehören. Markierungen an der Bordwand für die richtige Position sind praktisch, soweit sie vom Hafenpersonal beachtet werden. Bei der Abholung des Bootes im Süden ist zu beachten, dass der Spediteur einen oder mehrere Tage später als vereinbart kommen kann, wenn sich die Hinfahrt in den Süden verzögerte. Auf einem transportfertigen Boot im Hafen warten macht keinen Spaß.
Eine Alternative zum Straßentransport sind alle zwei Monate zwischen Nord und Süd pendelnde Schiffe, die mehrere Yachten als Decksfracht mitnehmen (siehe Ein Taxi für die Yacht). Das empfiehlt sich für große Schiffe und Eigner, die den Aufwand zum Abtakeln und Mastlegen scheuen. Die Sache ist deutlich teurer. Der Transport eines 30 Fußes (ca. 9 m) Bootes kostet zwischen Kiel oder Bremerhaven und Split etwa 16.000 €. Die etwa zehntägige, gegenüber dem Straßentransport etwa sechs Tage längere Reise wird durch die gesparte Zeit zum Ab- und Abtakeln wettgemacht. Schonender als über die Straße ist der Transport allemal.
Das Verschicken der Yacht kostet Geld und macht Arbeit. Es steht aber in keinem Verhältnis zu dem Aufwand, der den Eigner bei der Überführung außen um Europa herum von Nord nach Süd oder umgekehrt mit der Passage von Nordsee, Ärmelkanal, Biskaya und der spanischen und portugiesischen Küste erwartet. Wetteränderungen, Strömung, Nebel und Schiffsverkehr sind über den Wach-Rhythmus hinaus anstrengend und mischen die Karten täglich neu.
Hinzu kommen technische Probleme, die das Überführungsabenteuer bei mehrtägigen Törns erschweren und Hafentage erzwingen: weiche Batterie, durchgenudelte Lichtmaschine, Überraschung mit dem Sprit nach langer Liegezeit oder fehlende Ersatzteile. Wenn die eingebaute Technik unbekannt ist oder das Boot lange gelegen hat, gibt es Probleme.
Da sich die Reise außen um Europa herum im Lauf eines Urlaubs nicht in einem Rutsch machen lässt, entstehen neben der Liegegebühr in Südengland, Frankreich oder Portugal Kosten für Flüge vom und wieder zum Boot. Bei der Reise vom Mittelmeer nordwärts ist der kräftige Nordwind entlang der portugiesischen Küste zu bedenken, der mit einem langen Schlag in den Atlantik hinein zu umsegeln ist. Oder es wird küstennah kernig aufgekreuzt. Berufstätige haben begrenzt Zeit, worauf Wind und Wetter bekanntlich keine Rücksicht nehmen. Erholsam wird die Überführung mangels Zeit daher leider nicht.
Unumgänglich ist der Huckepack Bootstransport bei einem günstig gekauften Gebrauchtboot, wenn es zunächst in der Nähe in Ordnung gebracht wird. Kurze Wege von Zuhause am Wochenende oder nach Feierabend vom Arbeitsplatz zur Bootsbaustelle erleichtern und beschleunigen die Sache sehr. Klar denkende Bootseigner wünschen oder biegen sich ihren Bootskauf nicht schön. Sie machen sich von vornherein klar, was das nach ihren Vorstellungen durchgesehene und überholte Boot sie unter dem Strich absehbar kosten wird.
Das Budget setzt sich aus folgenden Positionen zusammen: Reisekosten zum Objekt + Kaufpreis + Transport + Hallenplatz + Bootsüberholung + abschließender Transport ans Wasser. Um die Summe dieser sechs Positionen geht es unter dem Strich. Da lässt sich ein erträgliches Budget in ein tolles Boot verwandeln. Steht das Boot in der Nähe, geht es flott und macht sogar Spaß.
Vorab klären
- den reibungslosen Bootstransport und Grenzübergänge mit gültigen Bootspapieren einschließlich geklärter MwSt.-Frage (Nachweis) ermöglichen
- fehlende Papiere mit wenigstens zweimonatigem Vorlauf beschaffen
- Versicherungsschutz klären: sind Kranen und Transport eingeschlossen?
- bei langen oder breiten Booten klären, ob es auf dem Landweg überhaupt aus dem Hafen kommt und umgekehrt
- bei schweren Booten auf das tatsächliche Bootsgewicht achten: ggf. Prospektangaben aufrunden
- Breite prüfen (gibt es nachträglich angebrachte Scheuerleisten)?
- Länge prüfen: nicht die Länge über Deck laut Prospekt, sondern die Länge über alles einschließlich Klüverbaum, Bugspriet, Code Zero-Nase, Bugkorb, Ankerrolle; achtern Trimmklappe, Badeplattform, Badeleiter, Davits, Außenborder.
- Höhe Kielunterkante bis Oberkante Reling oder Aufbauten? Dieses Maß lässt sich von der Seitenansicht des Bootes im Prospekt abnehmen und leicht umrechnen.
- bei Segelyachten die Mastlänge nennen, ggf. nachmessen
- aus Kostengründen die kürzestmögliche Route nehmen. Das Boot an der Adria bis Slowenien statt Kroatien bringen
- hören Sie sich um, mit welchem Spediteur gute Erfahrungen gemacht wurden
DEN TRANSPORT VORBEREITEN
- Liegeplatz, Travellift oder Kran reservieren. Gibt es einen Mastenkran?
- Ausrüstungen wie Gangway, Außenborder, Beiboot, Großbaum verpacken und so stauen, dass nichts kaputtgeht
- Vorsicht mit Benzin im Außenborder und mobilen Stromerzeuger
- Vorsicht mit Benzinkanistern, Spiritus und Petroleum
- Gashahn an der Flasche zudrehen
- Batteriehauptschalter aus
- bei Holzmasten, langen und empfindlichen Riggs auf eine mehrfach abgestützte Lagerung achten, damit sie nicht wippend unterwegs sind
- Die Masten von Mittelmeerbooten werden lange nicht gelegt. Zum Abtakeln des gebraucht übernommenen Bootes im Mittelmeer Zeit für fest gebackene Schrauben, Geräteträger, Rollanlagen, widerspenstige Splinte und korrodierte Wantenspanner einplanen.
- Vorher nachschauen, was eingebaut ist. An Sprays, Spezialwerkzeuge wie Durchschläge und Schlüssel für zöllige Schrauben denken.
- Salinge und das gesamte stehende Gut wie Wanten, Vor- und Achterstagen demontieren. Am Top, Antennen, Windmessanlage, Blitzschutz und empfindliche Laternen abbauen.
- Top und Mastfuß mit Folie einschlagen