Bootsarten6 min Lesezeit

Welche Jollen gibt es

Ein Blick in die faszinierende und vielfältige Welt des Jollensegelns

Welche Jollen gibt es
Mit der Einmann-Trapezjolle Contender im Rausch der Geschwindigkeit © Gwicke Wikimedia Commons

Die schönste Zeit auf dem Wasser, nämlich Segeln pur, erlebt man mit der Jolle. Man ist nah dran und fliegt auch mal rein. Eine Jolle ist handlich, praktisch, bezahlbar. Hier einige Jollentypen mit Hinweisen zu Vor- und Nachteilen.

Von Erdmann Braschos, veröffentlicht am 18.03.2020

Das erwartet Sie in diesem Artikel
  • bewährte Jollen für Kinder und Jugendliche
  • Regattboote und tourentaugliche Jollen
  • Konstruktions- und Bastel- oder strikte Einheitsklasse?
  • bewährte Ein- und Zweimannjollen
  • Jollen zum Trapez-Segeln
  • klassische Wanderjollen
  • moderne und pflegeleichte Jollen
  • Jollen zum Foilen

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Es gibt unzählige und ganz unterschiedliche Jollen: vom Optimisten mit den Proportionen eines Blumenkübels über kippelige Jüngsten- und athletisch beherrschbare Einmannboote. Den bewährten Klassiker, die sichere Familienkutsche, die grundsolide Segelschul- und Wanderjolle bis zum Geschoss, das im Tiefflug auf Tragflächen über das Wasser fegt. Es gibt die Jolle von verblüffend simpel bis saukompliziert. Strikte Einheitsklassen wie der über 210.000 Mal gebaute Laser (siehe Laser - Für immer cool) bieten unbeschwertes Seglerglück und mit identischen Booten faire Regatten. Für Einsteiger (Welches Segelboot für Anfänger?) und Gelegenheitssegler, die mal eben flott zur Sache kommen wollen, ist der Laser eine gute Wahl. Er passt aufs Autodach, lässt sich in der Garage unter die Decke hängen oder umgedreht in den Garten legen. Sollte das Leben vorübergehend andere Schwerpunkte verlangen, lässt sich so ein Plastikboot auch mal eine vergessen. Minuspunkte der olympischen Bootsklasse sind die knieschindende Ausreitposition und der Preis für ein neues Boot. Aber man kann den Laser ja gebraucht kaufen.

In Jollen-Konstruktionsklassen ab Moth aufwärts toben sich Tüftler mit immer neuen Gadgets aus. Es gibt Schmuckstücke aus Mahagoni mit dem Charme von Omas Edelholzkommode und pflegeleichte, offene Vollplastikwannen, aus denen das Wasser schnell abfließt. Klassische Holzjollen werden von Jung und Alt über Jahre, manchmal Jahrzehnte hinweg gepflegt und gesegelt.

Im Idealfall beginnt das Segler-Leben in einem Jüngstenboot wie dem Optimisten. Diese 2,30 m x 1,13 m große Kiste ist von 3,5m2 besegelt, wiegt ganze 45 kg und wurde 1947 in Amerika als Selbstbauboot entwickelt. Als moderne Alternative bietet sich der Laser Bug an: 2,60 m x 1,36 m, 46 kg, besegelt mit 3,8m2 oder 5,3m2. Weiter geht es beispielsweise einem Laser mit 4,7m2 Jugendbesegelung, oder der beliebten und segeltechnisch interessanten Europe mit Traveller, unterwegs verstellbarem Baumniederholer und weiteren Finessen.

Vielseitig und praktisch, die Einmannjolle Laser
Vielseitig und praktisch, die Einmannjolle Laser © Johann-Nikolaus Andreae, Laser 003, CC BY-SA 2.0

Früher wurde dann mit zunehmendem Alter, Gewicht und Begeisterung in der 8,25m2 OK-Jolle, den legendären Finn mit 10m2 oder die 11,5m2 O-Jolle umgestiegen. Die Europe war von 1992 bis 2004 olympisches Frauen-Sportgerät. Ein tolles, ausgereiftes Boot. Es bietet enormen, sensiblen Segelspaß.

Diese Einmannjollen sind bei auffrischendem Wind eine schöne, fordernde Aufgabe, wo man die meiste Zeit außenbords hängend mit dem sogenannten Ausreiten verbringt. Das ist für die Oberschenkel und Bauchmuskulatur gut. Es macht sich zunächst mit höllischem Muskelkater, bald mit definierten Muckis bemerkbar. Intensiv genossene Stunden sind so sicher wie blaue Flecken, die man aber erst später beim Duschen an Land bemerkt. Der Däne Poul Elvström brachte die Beherrschung des 4,5 m langen, 1,5 m breiten Finn mit 10m2 Segelfläche mit gnadenlosem Training zur Perfektion. 1952 bis 2020 Olympiaklasse. Ein tolles, konsequent weiterentwickeltes Boot, das einen großen Fanclub hat und auch von älteren Seglern begeistert gesegelt wird.

Schnelle Reaktion, akrobatische Bootsbeherrschung und reichlich Übung verlangt die Einmann-Trapezjolle Contender, ein Segelsportgerät für Fortgeschrittene und ebenfalls ein Evergreen. 1967 entworfen, rasant. Mehr als 2.500 Mal gebaut, aktive Regattaszene für Jung und Alt.

Der Vorteil des Solosegelns ist die unbedingte Konzentration auf Wind und Wellen, dosiert angesteuerte Böen, hängen, schuften, schnaufen – ganz großes Segelkino. Der Nachteil ist, dass man allein unterwegs ist. Deshalb empfehlen sich für gesellige Naturen, moderne Zweimann-Rennjollen oder die früher beliebten 420er, 470er oder Korsar. Anspruchsvoll, faszinierend und große Könnerschaft fordert der 6 m lange Flying Dutchman. Der FD geht mit knapp 19m2 an den Wind und kommt dabei sogar ins Gleiten. Dieses Geschoss bei frischem Wind zu beherrschen, es mit Genua und Spinnaker ungekentert über die Bahn bringen, ist das Salz in der Suppe des Jollensegelns. Der seglerisch reizvolle Schlitten war 1960 bis 1992 Olympiaklasse.

Ein vielseitiges und beliebtes 5 m Boot ist die 190 Kilo schwere Ixylon. Sie wurde 1969 in der früheren DDR entwickelt. Pfiffig und einmalig ist die Doppelschwert-Ausführung, deren seitliche Schwerter den ansonsten mittschiffs üblichen, beim Übernachten störenden Schwertkasten ersetzen. Beim Ixylon passt die Isomatte in die Mitte. Interessant sind auch die verschiedenen Ausstattungsstufen, sodass das Boot dem seglerischen Können mit Trapez und Spinnaker anzupassen ist. Dank großer Formstabilität ist das Boot einigermaßen kippsicher. Deshalb ist die Ixylon bei Segelschulen, Familien und Tourenseglern beliebt.

Ein wahrer Allrounder ist der 1960 entworfene Zugvogel , der wie das beliebte Jugendboot Pirat von 1938 eine knickspantige, aus Holzbrettern zu einem ansehnlichen Rumpf zusammengefügte Form hat. Der Zugvogel wurde bislang rund 4000 Mal gebaut. Ein gutmutiges, sicheres Boot, mit dem man Touren machen kann. Interessant ist, dass es den Zugvogel auch mit einem 40 kg Kiel gibt. Spinnaker und Trapez sind nicht zugelassen. Längst wird das Boot aus pflegeleichten GfK gebaut. Aktiv gesegeltes Regattaboot.

Beliebt, regatta- und tourentauglich: der Zugvogel - hier die Schwertversion ohne Punkt im Segellogo
Beliebt, regatta- und tourentauglich: der Zugvogel - hier die Schwertversion ohne Punkt im Segellogo © Johann-Nikolaus Andreae, Schwertzugvogel 001, CC BY-SA 2.0

Auch der betagte, aber hübsche Pirat ist mit 6.000 gebauten Exemplare nach wie vor beliebt. Dank seiner schnittig schlanken Linien macht der Pirat am Wind großen Spaß und raumschots mit dem 10m2 Spinnaker auch. Er wird schon lange aus Kunststoff gebaut. Ebenso interessant sind die liebevoll erhaltenen Exemplare aus Holz.

Wunderschön ist die bereits 1921 entwickelte H-Jolle. Es gibt sie mit der etwas umständlichen Gaffeltakelage oder der heute üblichen Hochtakelung, wo das Großsegel nicht trapezförmig, sondern dreieckig ist. Ein tolles Boot, das Spaß macht, mit Trapez und beeindruckend großem Spinnaker zu segeln ist und in das man sich vergucken kann. Leider sind die alten Exemplare mit 300 kg bis 450 kg schwer und als Holzboote pflegeintensiv.

Für Einsteiger empfehlenswert sind die gutmütigen Jollentypen Gipsy, Gipsy Star, Gruben 17, Gruben Sprint, Jeton oder Trainer. Alles pflegeleichte Kunststoffjollen zwischen knapp 4 m-5 m.

Der Nachteil traditioneller Jollen ist ihr hohes Gewicht, mühsames Aufrichten und Lenzen nach einer Kenterung. Hier punkten moderne Plastikjollen mit großen Auftriebskörpern, die Teil des Bootes sind. Aus einer modernen Jolle mit angehobenem Fußraum und offenen Heck wie der X0 oder X1 fließt das Wasser sofort ab. Bei dieser ganze 75 kg schweren, 4,90 m x 1,70 m messenden Zweimannjolle wird die Besegelung mit einem kürzeren oder längeren Mast pfiffig an das Crewgewicht angepasst. Ein Beispiel für den Ideenreichtum, den segelbegeisterte Tüftler wie gehabt in diesen Bootstyp stecken. Die Idee, das Boot anhand seiner Besegelung an das Gewicht des Seglers anzupassen, wird beim Laser schon lange mit 4,7m2 und 5,7m2 statt 7,1m2 (Standard), praktiziert. Es gibt für den Laser sogar ein 8,1m2 Segel.

Für Gelegenheitssegler und Familien, die gerne ein vielseitiges Spaßboot in den Urlaub mitnehmen, empfehlen sich moderne, offene und skiffartige Jollen wie die RS Vison, der Laser Bahia, die preiswerte Trapezjolle Laser Vago oder der Laser Pico. Letztere ist eine Freizeit-, Segelschul- und Urlaubsjolle für 1-2 Erwachsenen oder bis zu 3 Kinder. Leichte Boote lassen auf dem Dachgepäckträger mitnehmen. Hinweise zu zulässigen Dachlasten findet man leider nicht im Fahrzeugschein. Sie stehen in der Auto-Bedienungsanleitung. Üblich sind 75 kg bis 100 kg. Je leichter, pflegeleichter und vielseitiger die Jolle, desto eher wird sie huckepack mitgenommen und desto größer der Spaß auf dem Wasser.

Segeltechnischer Trendsetter ist die Einmannjollen-Konstruktionsklasse der «International Moth», die seit etwa zwei Jahrzehnten auf Tragflügeln mit bis zu 35 Knoten im Tiefflug über das Wasser fegt. Mehrere Spezialisten bauen die ultraleichten Flugboote in Serie, was die Hightech-Erzeugnisse für den Preis eines Kleinwagens erschwinglich macht (siehe Foils - Die Zukunft hat begonnen).

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VG