Kaufberatung6 min Lesezeit

Wichtige Punkte beim Motorboot-Kauf

Schauen Sie sich das Motorboot Ihrer Wahl unter folgenden acht Gesichtspunkten an

Wichtige Punkte beim Motorboot-Kauf
Erst die Probefahrt des Motorboots ihrer Träume trennt die Spreu vom Weizen © unsplash.com/jordancormack

Damit der Kauf eines gebrauchten Motorbootes die richtige Entscheidung wird, lohnt sich die Beschäftigung mit einigen wenigen und wichtigen Punkten. So legen Sie später entspannt ab.

Von Erdmann Braschos, veröffentlicht am 10.10.2016

Das erwartet Sie in diesem Artikel
  • was Sie vor, während und nach der Probefahrt anschauen sollten
  • welche Geräusche, Färbung des Abgases oder Wasserspuren, was verraten
  • warum der Blick in den Motorraum wichtig ist
  • Hinweise zur Elektrik ab Bord
  • Gutachter ja oder nein?

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Motor

Das A und O beim Motorboot ist die Maschine. Deren Zustand, Ausstattung und Funktion ist entscheidend. Wurden laufende Arbeiten wie Öl- und Filterwechsel gemacht? Wie sehen Opferanoden und Keilriemen aus? Gibt es Spuren herausgedrückten Kühlwassers? Ist die Motorbilge dreckig oder halbwegs sauber? Sitzen die Stecker der Motorelektrik?

Wie viele Stunden ist die Maschine gelaufen? Passen die Angaben des Betriebsstundenzählers zu den Wartungsplänen (soweit vorhanden)? Welche Reparaturen oder Änderungen wurden gemacht? Gibt es Unterlagen/Rechnungen dazu?

Sind der Kühlwasserfilter und Expansionstank für die Kühlung bequem zugänglich? Bei der Gelegenheit kurz öffnen und reingucken. Ebenso rasch sind die Ölmeßstäbe gezogen und angesehen. Milchiges Motor- oder Getriebeöl weisen auf Probleme hin. Bei alten Motoren sollte irgendwann mal die Ölwanne demontiert und der Ölschlamm ausgewischt worden sein.

Sind übliche Teile wie Impeller, Öl- und Spritfilter, Motor-/Getriebeöl mit der passenden Viskosität und Keilriemen an Bord vorrätig?

Clevere Verkäufer zeigen ihr Boot mit vorab warm gefahrener Maschine, damit sie bei der Präsentation einwandfrei anspringt und rund läuft. Deshalb machen Sie als Interessent zuerst den Deckel auf und bemerken bei einem Blick in den Motorraum, ob der Motor vorhin gelaufen ist. Eine gezielt warm gefahrene Maschine weist auf Startschwierigkeiten hin.

Schauen Sie sich bei der Gelegenheit auch den Eigner an. Bereits an der Art und Weise, wie er sein Boot zeigt, erkennen Sie seinen technischen Hintergrund. Gibt es Betriebsanleitungen und Wartungspläne? Auch diese Kleinigkeit zeigt, ob sich der Eigner überhaupt um das Boot gekümmert hat.

Systeme

Werfen Sie bei der Gelegenheit einen Blick auf weitere Installationen rings um die Maschine. Wo sitzen die Tanks? Gibt es Mannlöcher zur gelegentlichen Inspektion und Reinigung: Die Dieselpest an Bord. Am besten mit einer Kamera in die Tanks schauen. Funktionieren die Tankanzeigen? Wie alt sind die Batterien? Sind sie sicher eingebaut und ebenso angeschlossen? Lassen sich die Seeventile leichtgängig bewegen? Wie alt sind die Schläuche? Funktioniert die Bilgenpumpe und auch der dazu gehörende Schalter? Am Eimertest führt kein Weg vorbei. Einige Pützen Wasser in die Bilge schütten und Sie wissen, ob die Pumpe anspringt.

Elektrik

Die Kabel müssen nicht nach VDI im gehobenen Industriestandard verlegt sein. Aber eine gewisse Ordnung sollten schon erkennbar sein. Boote von Qualitätswerften wurden mit einem Kabelplan ausgeliefert. Mit Glück wurde er im Laufe der Jahre handschriftlich aktualisiert.

Lassen Sie sich nicht erzählen, dass alles funktioniert. Probieren es aus - bis hin zu den Positionslaternen. Wo sind die Hauptschalter der 12 Volt Bordelektrik? Werfen Sie auch einen Blick hinter Schalttafel. Die Kabel sollten nicht irgendwie durchs Boot gezogen sein. Sie gehören in Rohre, durch Schächte oder mit Schellen scheuersicher verlegt. Ist der 220 Volt Landanschluss professionell, wasserdicht eingebaut und mit einem FI Schutzschalter abgesichert?

Seien Sie im Interesse Ihrer eigenen Sicherheit bei der Elektrik pingelig. Unpassende Kabel mit zu kleinem Querschnitt werden warm. Schlimmstenfalls kommt es zum Kabelbrand.

Gasanlage

Steht die Gasflasche vorschriftsmäßig in einer außenbords entlüfteten Box? Sind die Komponenten der Gasanlage bis hin zu Herd und Backofen zugelassen? Ist sie abgenommen? Wie alt sind die Schläuche? Hier gibt es aus gutem Grund Intervalle zum Austausch.

Ist das Boot dicht?

Leider sind viele Boote an neuralgischen Stellen wie Fenstern, Luken, Lüftern oder rings um Beschläge undicht. Deshalb schauen Sie das Interieur auf Wasserspuren hin an. Spritzen Sie das Boot zusätzlich am Liegeplatz mit dem Wasserschlauch ab und gucken, wo es unter Deck tropft. Am besten, Sie fahren es bei ruppigen und nassen Bedingungen schnell. Dann wird deutlich, wo es arbeitet und entsprechend tropft. Manches kann der handwerklich geschickte Käufer mit einer Tube Sikaflex abstellen. Andere Leckagen sind schwer zu lokalisieren.

Macken

Jedes gebrauchte Boot hat Macken, Kratzer, Schlieren oder vielleicht auch eine Delle in der Scheuerleiste. Einiges läßt sich mit Politur, einem Tupfer Gelcoat oder einer gezielten Lackierung aufarbeiten. Das Problem beim losen Handlauf, einer wackelnden Klüse, Poller oder Scharnier ist meist, dass er von hinten oder innen schlecht zugänglich ist. Da bastelt der handwerklich geschickte Eigner dann Stunden.

Probefahrt

An einer Probefahrt führt kein Weg vorbei. Nur so finden Sie heraus, ob das Boot überhaupt die Reisegeschwindigkeit beim wirtschaftlichen Betrieb der Maschine und auch die zugesagte Spitzengeschwindigkeit bei Vollgas erreicht.

Läuft die Maschine nach dem Anlassen im Standgas einwandfrei oder wurde die Tourenzahl leicht hochgedreht, weil sie sonst ausgehen würde?

Die meisten Boote sind bereits ab Werft oder durch eignerseitige Extras schwerer als vorgesehen. Überlegen Sie, welche Abstriche Sie bei den Fahrleistungen in Kauf nehmen möchten.

Wie laut ist die Maschine? Macht es Spaß, das Boot zu fahren? Wie reagiert es auf Kursänderungen? Ist die Lenkung labberig? Funktionieren die Trimmklappen? Kleinigkeiten lassen sich durch Wechseln der Bowdenzüge oder deren Feinjustage beheben. Ein untermotorisiertes schweres Boot kriegen Sie so leider nicht auf Trab. Wie dreht es? Wie Kursstabil ist es bei langsamer Fahrt? Lässt es sich prompt aufstoppen? Der Blick auf den Tourenzähler und die Logge an Bord - besser noch das selbst mitgebrachte Hand GPS - verrät, ob die Logge für die Probefahrt “getunt” wurde.

Bei Booten mit Welle statt Z-Trieb prüfen Sie das Spiel der Welle im Wellenlager und die Ausrichtung von Motor zu Welle bei einem starr verbauten Getriebe. Ruckelt der Motor ungewöhnlich stark, oder ist gar ein Schlagen der Welle bei Fahrt zu sehen? Diese Dinge lassen sich nicht ohne Weiteres beheben.

Die Probefahrt sollte in bewegtem Wasser erfolgen. Dann machen sich „Risse im Gebälk“, lädierte Stringer, mit Knacken und Knistern bemerkbar. Stringer sind die auf dem Bootsboden sitzenden Längsträger im Schiff. Die sollten in Ordnung oder mit vertretbarem Aufwand reparabel sein. Leider lassen sich strukturelle Schäden am Rückgrat des Motorbootes schwer erkennen, weil die Stringer unter Einbauten wie Bodenbrettern, Tanks, der Maschine, dem Getriebe oder Batteriebänken sitzen.

Nutzen Sie die Probefahrt auch für einen Blick auf die Farbe des Abgases: Ist es neutral, weiß oder grau? Weiß ist es beispielsweise an kalten Tagen oder einer defekten Zylinderkopfdichtung.

Unterwasserschiff

Sollten Sie ernsthaft Interesse am Kauf des Bootes haben, lassen Sie es aus dem Wasser heben. Schauen Sie sich die Welle von außen, den dazu gehörenden Wellenbock, den Propeller, das Ruderblatt und bei der Gelegenheit auch die Anoden an. Alternativ den Z-Trieb. Gibt es Spuren einer Grundberührung? Die Erkenntnisse lohnen in jedem Fall den Aufwand und Kosten für das Slippen/den Krantermin. Zum Thema Osmose bei Kunststoffbooten orientiert der Beitrag Osmose: Ruhig bleiben.

Wenn Sie sich die Einschätzung nicht zutrauen, nehmen Sie jemand mit, der sich auskennt. Oder fragen Sie einen Gutachter. Jetzt, wo Sie einen Überblick haben, wägen Sie das Für und Wider ab. Wenn Sie das Boot mögen und der Preis in Ordnung ist, kaufen Sie es.

Bedenken Sie den Faktor Drei bei selbst ausgeführten Arbeiten am Boot. Sie werden in etwa die Dreifache der ihrerseits als realistisch veranschlagten Zeit brauchen, um einen bestimmten Job am Boot zu machen. Ganz einfach, weil Sie ihn vermutlich das erste Mal machen. Aber es ist ja ihr Boot. Und an jeder sorgfältig ausgeführten Arbeit werden Sie lange Freude haben.

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VG