Bootsarten7 min Lesezeit

Hausboot: Die Entdeckung der Gemächlichkeit

Wie an Bord eines Hausboots der Alltag sofort an Land bleibt

Hausboot: Die Entdeckung der Gemächlichkeit
Perfekte Plattform für die Auszeit auf dem Wasser © Harald Mertes/Kuhnle Tours

Man kann sein Zelt an einem ufernahen Campingplatz aufschlagen, eine Ferienwohnung oder -haus am Wasser mieten. Man kann es aber auch gleich richtig machen und ein Hausboot entern. Da ist man Tag und Nacht da, wo es am erholsamsten und schönsten ist: auf dem Wasser.

Von Erdmann Braschos, veröffentlicht am 25.02.2021, aktualisiert am 13.06.2023

Das erwartet Sie in diesem Artikel
  • was den Reiz des Hausbooturlaubs ausmacht
  • Tipps zu reizvollen Hausboot-Revieren
  • worauf bei der Fahrt mit dem Hausboot zu achten ist
  • was an Bord sein sollte
  • die unschlagbaren Vorzüge WLAN-freier Anker- und Liegeplätze

Artikel vorlesen lassen

Finden Sie Ihr schwimmendes Zuhause: Hausboote jetzt in unserer Bootsbörse

zurück
weiter

Alle Angebote in der Übersicht

Quadratisch, praktisch gut

Viele Hausboote sind quadratisch, praktisch gut. Dank dieser Form bieten sie deutlich mehr Platz als übliche Motor- oder Segelyachten mit vorn spitz zulaufender Bugpartie, gekrümmten Bordwänden, schrägen Kajütdächern und einengenden Luken. Dazu einen wunderbaren Blick durch große Fensterfronten. Das hat an Regentagen große Vorteile.

Man schippert mit dem schwimmenden Domizil gemütlich durch idyllische Landschaften, vielleicht auch mal mitten durch die Stadt: über Kanäle und Flüsse zu neuen Buchten und Häfen. Abwechslungsreicher, beschaulicher, naturnaher und entspannender - um nicht zu sagen "entschleunigender" - geht es kaum.

Das Hausboot ist unkompliziert und in der Regel nach einer Einweisung vor Ort führerscheinfrei zu fahren. Dank seiner stabilen Schwimmlage schaukelt es nicht oder höchstens mal ganz leicht. Der geringe Tiefgang erlaubt ufernah-geschützte Liegeplätze. Wer etwas vom Angeln versteht, hebt mit Glück sein Abendessen selbst an Bord. Der Weg zur Pfanne ist kurz. Die Wasserqualität unserer Seen und Flüsse hat sich in den vergangenen Jahrzehnten rasant gebessert. Aus stinkenden Kloaken wurden saubere Gewässer, in denem man unbesorgt baden gehen kann.

Petri Heil am Ankerplatz
Petri Heil am Ankerplatz © Steffen Peter/Kuhnle Tours

Das Hausboot ist die ideale Plattform für eine Auszeit für Paare und ideal für Familien, es bietet eine schöne Gelegenheit mal mit Freunden abzulegen oder mit den Eltern auf Tour zu gehen. Die Sache ist kommod, weshalb das Hausboot ähnlich, wie das Wohnmobil bei Älteren beliebt ist. Das Abenteuer und den Ausnahmezustand des Bordlebens mögen Kinder besonders. Das Hausboot bietet eine unvergessliche Zeit. Die Wege ins Wasser sind kurz. Anders als am strandfernen Cempingplatz oder Ferienhaus haben die Eltern ihre Wasserratten beim Baden, beim Ausflug mit der Luftmatratze, per Schlauchboot oder SUP stets im Blick. Die Erwachsenen bekommen sofort mit, wenn etwas schiefgeht. Es gibt für Kinder nichts schöneres, als sich nahezu endlos im Wasser auszutoben und frühestens mit blauen Lippen bibbernd an Bord zu kommen.

Paradies für Wasserratten

Anders sieht es beim Urlaub mit Kleinkindern aus. Da ist ständig darauf zu achten, wo die Kleinen an Bord hinlaufen. Dann ist die Zeit an Bord leider weder Auszeit noch Erholung. Voraussetzung ist die lückenlose Umzäunung des Hausboots mit ringsum sicherer Reling und Netzen.

Nehmen Sie Kurs auf das wirkliche Leben: die gemeinsame gute Zeit

Kinder brauchen und wünschen sich vor allem zugewandte Eltern, die mal nicht ihren Job oder die übliche Landlebensagenda im Kopf haben, sondern Zeit für einfache, gemeinsame Erlebnisse. Baden, Angeln, Paddeln, Abends zusammen kochen, quatschen, spielen, vorlesen - das ganze vielleicht sogar mal ohne die größte Plage unserer modernen digitalisierten und durchgetakteten Erreichbarkeitswelt: WLAN oder Datenvolumen. An Bord eines Hausbootes gelingt es Ihnen und den Heranwachsenden vieleicht mal stunden- oder tageweise sprichwörlich abzuschalten. Vielleicht packen Sie das lesenswerte Buch von Hajo Schumacher "Kein Netz. Geld, Zeit, Laune, Liebe - wie wir unser wirkliches Leben zurückerobern" in den Koffer oder die Reisetasche. Ich habe es gerade zum zweiten Mal gelesen. Also nicht wie raus in die Natur, aufs Hausboot.

Kein Wunder, dass der Hausbooturlaub auf einem gemieteten schwimmenden Untersatz, beispielsweise für eine Stadtrundfahrt durch Berlin, auf der Müritz, den masurischen Seen in Polen oder mit Flussschiffen auf dem irischen Shannon River beliebt ist. Halb Frankreich lässt sich an Bord eines gemächlich über Kanäle und Flüsse schippernden Hausboots entdecken und vor allem genießen: Beispielsweise die Region Aquitanien im Südwesten Frankreichs, Burgund, die Camargue, der 240 km lange Canal du Midi in Südfrankreich oder Elsass-Lothringen.

Naheliegend und ein Clou ist der Hausbooturlaub auf dem 183 Kilometer langen Wasserstraßennetz Berlins, dessen sage und schreibe zwölf Wasserwege dank weniger Schleusen weitgehend unproblematisch sind. Schöner als auf dem Wasserweg mitten durch das Regierungsviertel lässt sich die Metropole kaum erkunden. Die Berliner Gewässer sind Welten übersichtlicher als der Stadtplan und deutlich leichter zu nutzen als U und S Bahn, meint der Hausbootspezialist Kuhnle Tours. Zur gelassenen Stadtpartie gehört auch, dass man auch der Wahnsinn der üblichen Parkplatzsuche fürs Auto an Land bleibt und vergessen werden kann. Kühler ist es auch dem Wasser auch.

Vorsicht ist bei Begegnungen mit der Berufsschifffahrt und der Passage von Brücken geboten. Viele davon müssen der Form und Höhe halber mittig durchfahren werden. Oft muß das oben eckige Hausboot durch halbrunde Brücken, die am besten mit Augenmaß und sicherheitshalber mittig durchfahren werden. Die Brückenbögen sind unter herum rund, das Hausboot oben eckig.

Die Handhabung ist meistens einfach, etwas Umsicht ist dennoch gefragt
Die Handhabung ist meistens einfach, etwas Umsicht ist dennoch gefragt © Harald Mertes/Kuhnle Tours

Ganz so einfach, wie die Hausboot-Vermieter behaupten, ist die Handhabung des schwimmenden Domizils jedoch nicht. Hausboote mit hohen Aufbauten sind Seitenwind-empfindlich, was sich mit langsamer Fahrt beim An- und Ablegen bemerkbar macht. Infolge des flachen Unterwasserschiffs treiben sie flott ab. Auch bei Kursänderungen halten sie leider nicht die Spur, wie man es von Jollen mit Schwert oder Yachten mit einem Kiel gewohnt ist. Hausboote sind im Verhältnis zu ihrem Gewicht außerdem sparsam bis knapp motorisiert, was bei gemächlicher Fahrt dem Spritverbrauch zugutekommt, sich beim Bremsen mit eingelegtem Rückwärtsgang dann jedoch mit zäher Verzögerung bemerkbar macht. Deshalb ist es wichtig, dass Manöver nicht forsch wie beim Auto oder Wohnmobil mit kurzem Bremsweg gefahren werden, sondern mit langsam. Das ist bei vierkant angesteuerten Stegen und ebenso in Schleusen wichtig, wo es keinen Ausweg gibt und es ab und zu übel rumst. Das Vertäuen des Gefährts ist an sich einfach, verlangt in Schleusen mit variablem Wasserstand jedoch Umsicht und etwas Übung. Unbedingt, wenn das Wasser abgelassen wird und die Festmacherleinen entspechend zu lösen und zu verlängern sind. Landratten und Anfänger brauchen ein paar Tage, bis der Umgang mit den Leinen vertraut ist. Nehmen Sie sich Zeit für die Einweisung in die Handhabung des Hausbootes.


Wer sich für ein stationäres Hausboot entscheidet, genießt in mittlerweile vielen Ostseehäfen, etwa der Flensburger Förde, beispielsweise auf Fehmarn, Großenbrode oder der Marina Weiße Wiek in Boltenhagen das besondere Flair eines Yachthafens. An Bord genießen Sie das Kommen und Gehen der Yachten, sind mittendrin im Hafenleben. All das mit den Annehmlichkeiten einer schwimmenden Residenz. Unterhaltsamer und komfortabler zugleich geht es kaum. Vielleicht ist es der erste Schritt zum amphibischen Leben und ideal, die zögernde Partnerin oder Familie mit dem Metier vertraut zu machen. Kinder kriegen eine Schwimmweste an und sind mit einem Kescher stundenlang beschäftigt. Das ist interessanter als der Spielplatz und Strand in der Nähe oder das übliche digitale Angebot.

Das Angebot ist vom schwimmenden Ponton mit etwa Garagengroßen Räumlichkeiten, Terrasse und Außenbordmotor über schnittigere und entsprechend mobilere Varianten mit Motoryacht-ähnlichen Eigenschaften bis hin zum charmanten Flussschiffen für die Binnenwasserstraßen Europas vielfältig. Eine reizvolle Alternative zum wassernahen Landurlaub und vielleicht ja der Schritt in die zuvor noch unbekannte wassernahe Lebensweise der aus gutem Grund eingeschworenen „Böötler“.

Prime Time für die Familie
Prime Time für die Familie © Harald Mertes/Kuhnle Tours

Urlaubs-entscheidend ist ein wirksamer Mückenschutz, bestehend aus Kerzen für den Abend draußen auf der Veranda, dazu Mückenspray aus der Drogerie. Zum Schlafen sollten sämtliche Fenster, Luken und Türen vor lästigem Besuch mit Gaze geschützt sein. In geschützten Buchten, auf Kanälen, Flüssen und vor schilfig flachen Ufern gibt es spätestens ab der Dämmerung endlos viele Mücken. Mit diesen Vorkehrungen steht der vielbeschworenen Entschleunigung nichts im Weg.

Sonnencreme, Taucherbrille und -flossen, für kühle Gewässer ein Neoprenanzug, für die Abendstunden eine Stirnlampe gehören ebenfalls in die Reisetasche.

Das Hausboot ist auch für beruflich beanspruchte Paare ideal, wenn es darum geht, zunächst mal runter zu kommen und zueinander zu finden. In schöner naturnaher Umgebung ungestört gemeinsam draußen sitzen, kochen, die Sonne untergehen lassen und ohne Agenda ein paar Tage Zeit zu haben, ist wunderbar.

Sollten Ihnen die wenigen Quadratmeter Wohnfläche der hier gezeigten Hausboote klein und beengend vorkommen: Sie werden staunen, mit wie wenig Platz Sie an Bord auskommen und wie angenehm sich das Bordleben gestaltet. Natürlich muss man sich an bescheidenere Verhältisse, als Sie sie vielleicht von zuhause gewohnt sind, gewöhnen und mehr Ordnung halten. Aber dazu haben Sie in einer ringsum schönen Umgebung in entspannten Verhältnissen mit guter Stimmung an Bord nach dem ersten Kaffee in den ersten Sonnenstrahlen ja unter anderem den lieben langen Tag Zeit.

Ein Tipp für Einsteiger: Wenn Sie noch nie mit einem Hausboot unterwegs waren, entscheiden Sie sich zunächst für ein sicheres, das heißt möglichst windgeschütztes und vor allem strömungsfreies Gewässer. Und eines ohne Schleusen. Da klappen die Manöver und es gibt keinen Streß mit den Tücken der Natur, Nautik oder Schleusenkammern mit variablen Wasserständen. Das schöne beim Mieten eines Hausbootes ist, dass Sie von Urlaub zu Urlaub immer neue Regionen Deutschlands oder Europas kennenlernen.

Weiterführende Links

VG