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Vendée Globe – Bilanz für den Gebrauchtbootmarkt

Enorme Aufmerksamkeitswerte, spannende technische Erkenntnisse und eine rosige Zukunft.

Vendée Globe – Bilanz für den Gebrauchtbootmarkt
Start zur Vendée Globe 2020 © Bernard le Bars, Alea, Vendée Globe

Wie lautet der wahrscheinlich wichtigste Bilanzpunkt der letzten Vendée Globe? Ganz einfach: der Umstand, dass jeder unserer Leser – also auch Sie! – höchstwahrscheinlich sofort weiß, um was es bei diesem Namen eigentlich geht!

Von Michael Kunst, veröffentlicht am 20.04.2021

Das erwartet Sie in diesem Artikel
  • Welchen Einfluss die Vendée Globe auf den Gebrauchtbootmarkt hat
  • Boris Herrmann annoncierte die Seaexplorer auf Boat24
  • Hohe Aufmerksamkeitswerte auf für den Gebrauchtbootmarkt
  • Neuer technischer Hoffnungsträger nach Foils: Der Scow-Bug

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Tatsächlich hat die Einhand-Nonstop-Weltumseglung auf 60-Fuß-IMOCAs mit ihrer Ausgabe 2020/21 einen Bekanntheitsgrad erreicht, der in diesem Ausmaß zuvor kaum für möglich gehalten wurde. In 190 Ländern wurde über die Regatta berichtet, 120 TV-Sender sendeten faszinierende Bilder bis in die hintersten Winkel aller Kontinente. Die Medienwerte rund um die Vendée Globe explodierten förmlich: Der Äquivalenzwert betrug über 330 Millionen Euro!

Es gab viele Gründe zum Feiern © Vendée Globe/Liot, Alea
Es gab viele Gründe zum Feiern © Vendée Globe/Liot, Alea

Video-Klicks wie nie zuvor

Insbesondere die Live-Video-Übertragungen und -Chats mit den (nicht immer) einsamen Protagonisten dieses Einhand-Rennens um die Welt faszinierten die Daheimgebliebenen: 115 Millionen Mal wurden Videos rund um die Vendée Globe angeschaut. Spannend: Zwar hat Frankreich als „Mutterland“ der Vendée Globe nach wie vor den höchsten Anteil bei aller medialen Aufmerksamkeit (96 Prozent aller Franzosen geben an, die Vendée Globe zu kennen – 65 Prozent haben das Rennen mehrmals wöchentlich verfolgt). Doch auch aus den anderen Ländern waren Kommunikations-Rekorde zu feiern: Allein in England, Deutschland, Spanien, Italien und der Schweiz wurden 49.000 Berichterstattungen mit einem Medienäquivalent von 63 Millionen Euro und 1,35 Milliarden erreichten Kontakten gezählt.

Neue Fans

Der Löwenanteil fiel dabei mit 48 Anteilsprozenten auf Deutschland – Boris Herrmann als erstem deutschen Teilnehmer sei’s gedankt. Last not least: Die virtuelle, zeitgleich gestartete, virtuelle Online-Vendée Globe zog mehr als eine Million Spieler an.
Insgesamt war die Vendée Globe 2020/21 also erfolgreich wie nie zuvor. Zudem gibt es einige Trends hinter den Kulissen, die das Rennen um die Welt auch für andere Bereiche des Wassersports durchaus wichtig, wenn nicht sogar zukunftsweisend machen.

Trends hinter den Kulissen

  • Derart hohe Aufmerksamkeitswerte können natürlich nicht nur unter den per se Regatta-Interessierten generiert werden. Obwohl statistisch nicht explizit erfasst, kann davon ausgegangen werden, dass die Berichterstattungen über die Vendée Globe viele neu Interessierte am Segelsport im Allgemeinen und für die Langfahrt im Besonderen gewinnen konnten.

  • Dies zeigt sich auch an den Zugriffszahlen auf Boat24. Neben dem sowieso während der Corona-Pandemie gestiegenen Interesse für Gebrauchtboote, registrierte man bei Boat24 im Vendée Globe-Zeitraum November 2020 bis Februar 2021 nochmals deutlich höhere Aufmerksamkeitswerte.

  • Spannend: Die ansonsten eher „in sich geschlossene“ Szene der IMOCA-Eigner und -Skipper verließ sich diesmal nicht nur auf die sonst übliche Mundpropaganda für den Post-Vendée-Globe-Verkauf ihrer IMOCA. Traditionell werden viele dieser 60-Fuß-Renner direkt nach dem Rennen weiter verkauft.

Clou für Boat24-User: Boris Herrmann bot seine Seaexplorer bereits während der laufenden Regatta auf Boat24 an

  • Eine weitere, auch für den allgemeinen Gebrauchtbootmarkt wichtige Erkenntnis aus der Vendée Globe 2020/21: Selbst ältere IMOCA, die bereits mehrfach den Besitzer gewechselt haben, sind bei dieser extremen Regatta durchaus konkurrenzfähig. So zeigte zum Beispiel der 61-jährige Jean Le Cam auf seinem 14 Jahre alten 60-Fuß-Renner mit einem vierten Rang, dass man mit verhältnismäßig betagtem Material noch „vorne“ mitmischen kann.

  • Die logische Konsequenz: Es müssen nicht zwangsläufig neue Boote sein, auf denen man/Frau erfolgreich Langstreckenregatten segeln kann. Eine Erkenntnis, die den allgemeinen Gebrauchtbootmarkt aufgrund der „Leadership“- bzw. Vorbild-Funktion von Regatten wie der Vendée Globe weiterhin beleben dürfte.

  • Auch das Thema „Ohne Foils keine Chance?“ hat sich im Lauf der Vendée Globe 2020/21 relativiert, wenn nicht sogar beruhigt. Zwar war die „Apivia“ – ein nagelneuer IMOCA mit Foils der letzten Generation“ – als „first ship home“ zurecht im Blickpunkt der segelbegeisterten Technikfreaks. Aber ältere Boote, die ganz ohne Foils unterwegs waren, landeten mit verhältnismäßig geringem zeitlichem Abstand unter den Top Ten. Was nach sich zieht: Foils, noch vor Kurzem als das Nonplusultra für schnelles Seesegeln gepriesen, sorgen zwar immer noch für den gewissen Unterschied, erweisen sich aber (noch?) zu kompliziert im Handling, sehr Havarie-anfällig und aus meteorologischen Gründen zu selten einsatzfähig, um etwa in der breiteren Bootsmasse der Cruiser eine wesentliche Rolle zu spielen.

Apivia mit Skipper Charlie Dalin – Erste über die Ziellinie, dennoch weder schnellste Yacht noch Sieger © Vendée Globe, Liot, Alea, Apivia
Apivia mit Skipper Charlie Dalin – Erste über die Ziellinie, dennoch weder schnellste Yacht noch Sieger © Vendée Globe, Liot, Alea, Apivia

  • Ein anderer technischer Aspekt scheint jedoch die Rolle des Foils als „eierlegende Wollmilchsau“ abzulösen: Der Scow- oder Plattbug (siehe: Plattbug: Lieber rund als spitz). Nach bereits sehr erfolgreich funktionierenden Neubauten mit dem runden Scow-Bug und in der Breite voluminösen Vorschiff bei den Hochsee-Minis 6.50 (Serie/Prototyp) und bei den Class 40, startete nun erstmals ein IMOCA-Neubau mit Scowbug bei der Vendée Globe. Zwar konnte sich Armel Tripon auf „L’Occitane en Provence“ aufgrund einer frühen Havarie am Boot nicht wie erhofft in der Spitze etablieren, seine Aufholjagden und Spitzengeschwindigkeiten während der Weltumseglung sprechen allerdings Bände – und für das Konzept „Plattbug“. In dieser runden Bugform ist jedenfalls für die Zukunft (übrigens auch im Serienbau beispielsweise fürs Performance-Fahrtensegeln) ähnlich viel, wenn nicht sogar mehr richtungsweisendes, technisches Potential zu erwarten als in den Foils.

Fazit: Auch wenn die Vendée Globe per se ein extremes Event in technischer wie abenteuer-sportlicher Hinsicht war, ist und bleibt, können doch von ihrer Ausgabe 2020/21 aus betrachtet mehrere zukunftsweisende Rückschlüsse auf den Wassersport und darunter auch auf den Gebrauchtbootmarkt gezogen werden. Zwar ist nicht zu erwarten, dass wir schon in Kürze Scowbug-Hochsee-Boote im Dutzend bei Boat24 im Angebot sehen werden. Aber die Belebung des Gebrauchtbootmarktes nach dem Event ist durchaus spürbar. Und wer wäre besser für solch eine Einschätzung platziert als Boat24?


Start zur Vendée Globe 2020 © Bernard le Bars, Alea, Vendée Globe
Start zur Vendée Globe 2020 © Bernard le Bars, Alea, Vendée Globe

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